Beim Einkauf begegnet uns auf Lebensmitteln täglich eine Vielzahl an Labeln. Doch was bedeuten die Kennzeichnungen – insbesondere beim Fleisch? Welche Siegel stehen für besonders niedrige, welche für besonders hohe Standards? Wie haben die Tiere gelebt? Das zeigt der DUH-Label-Check:

© BMEL

Die neue verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung soll frühestens 2025 gelten – zunächst nur für frisches Schweinefleisch. Das geplante System beinhaltet fünf Kategorien, die Auskunft über die Haltungsweise der Schweine während der Mast geben. Doch was steckt hinter dem Label?

Kennzeichnung „Stall“:

Die Kennzeichnung „Stall“ erfüllt lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen.

DUH-Bewertung: Stall steht für viel zu enge Ställe und Massentierhaltung! Auf keinen Fall das Fleisch aus „Stall“!

Kennzeichnung „Stall+Platz“:

Bei „Stall+Platz“ haben Schweine gerade einmal 12,5% mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben. Als Zusatz bekommen die Tiere Raufutter (Stroh oder Heu).

DUH meint: das ist eher Placebo als Platz. Fleisch mit diesem Label möglichst meiden!

Kennzeichnung „Freiluftstall“:

„Freiluftstall“ garantiert Kontakt zum Außenklima – etwa durch offene Stallseiten. Mindestens 45% mehr Platz müssen im Vergleich zum gesetzlichen Standard vorhanden sein – allerdings nur in der letzten Mastphase.

DUH-Bewertung: Leider hat die Agrar-Lobby die Regeln für diese Stufe schlechter gemacht. DUH meint: nicht empfehlenswert!

Kennzeichnung „Auslauf/Weide“:

Bei „Auslauf/Weide“ steht den Schweinen ganztägiger Auslauf zur Verfügung oder sie werden ohne festes Stallgebäude gehalten. Sie haben 100% mehr Platz als vorgeschrieben – allerdings nur in der letzten Mastphase.

DUH meint: wenn es unbedingt Fleisch sein soll, dann bitte „Auslauf/Weide“ oder noch besser „Bio“ wählen!

Kennzeichnung „Bio“:

„Bio“ kennzeichnet, dass die Schweine nach EU-Ökoverordnung gehalten wurden. Das bedeutet, dass sie noch mehr Auslauffläche und Platz haben. 

Fazit: Die neue Tierhaltungskennzeichnung ist im Kern zu begrüßen. Sie hätte einfacher gestaltet werden müssen, so wie z.B. die Eier-Kennzeichnung, die dazu beiträgt, dass immer weniger Käfigeier und immer mehr Eier aus Bio- und Freilandhaltung gewählt werden. Die Aussagekraft des Siegels bezieht sich bisher auf die Haltung während der Mast der Schweine (die nur etwa die Hälfe des Lebens eines konventionell gehaltenen Tieres abdeckt) und soll noch ergänzt werden. 

Mit dem Label wird die Kaufentscheidung für Verbraucher:innen zudem kaum transparenter. Nur deutsches Fleisch unterliegt der Kennzeichnungspflicht – bei Produkten aus anderen Ländern bleibt die Kennzeichnung freiwillig. Zusätzlich wird die Aussagekraft der Kennzeichnung aufgeweicht, indem gemischte Produkte (wie z.B. bei Hackfleisch üblich) nur 80% der gekennzeichneten Haltungsform enthalten müssen. Die restlichen 20% können somit auch aus einer anderen Haltungskennzeichnung stammen.  

© Initiative Tierwohl
© Initiative Tierwohl

Das derzeit am häufigsten vorkommende freiwillige Label in deutschen Supermärkten ist das der „Initiative Tierwohl“. Die Initiative Tierwohl besteht seit 2015 und wird u.a. getragen von der deutschen Fleischindustrie, einigen Supermarktkonzernen und dem Deutschen Bauernverband. Anders als beim staatlichen Logo werden neben Schweinefleisch auch Rinder-, Kälber-, Hühner-, Pekingenten- und Putenfleisch mit dem Logo versehen. Seit Anfang 2022 findet sich das Label auch auf Milchprodukten. Das bedeuten die vier Stufen:

Kennzeichnung „Haltungsform 1“:

Bei dieser Haltungsstufe gelten nur die gesetzlichen Mindestanforderungen.

DUH-Bewertung: Viel zu wenig Platz! Antibiotika sind an der Tagesordnung. Dies ist eine krankmachende Haltungsform! Tierfabrik pur.

Kennzeichnung „Haltungsform 2“:

Bei „StallhaltungPlus“ haben die Tiere etwas mehr Platz. Hühner und Puten erhalten Stroh oder Picksteine als Beschäftigungsmaterial. Schweine erhalten Stroh. Rinder dürfen nicht angebunden sein.

DUH-Bewertung: Kaum besser als Haltungsstufe 1. Viel zu wenig Platz! Bis zu 23 Hähnchen werden auf 1 qm, also der Fläche einer Duschwanne zusammengepfercht. Unter dem Strich: Massentierhaltung.

Kennzeichnung „Haltungsform 3“:

Die Haltungsform „Außenklima“ ermöglicht Tieren Kontakt zum Außenklima – was nicht bedeuten muss, dass sie auch ins Freie dürfen.

DUH meint: Schon besser. Aber nicht sehr klar definiert, das trägt dazu bei, die Regeln zum Nachteil der Tiere und Vorteil mit Blick auf Umsatz je qm Stallfläche zu interpretieren.

Kennzeichnung „Haltungsform 4“:

Erst bei „Premium“ müssen die Tiere auch Zugang zum Freigelände haben. Hühner und Puten erhalten zusätzliches Beschäftigungsmaterial.  Auch Fleisch aus Ökolandbau wird mit der 4 gekennzeichnet.

DUH meint: Empfehlenswert – besonders mit Zusatz „Bio“, wenn es denn Fleisch sein soll.

Die DUH kritisiert, dass auch auf den untersten Haltungsstufen   das Siegel der „Initiative Tierwohl“ prangt, obwohl hier kein Tierwohlfortschritt oder kaum eine Verbesserung des Tierwohls gesichert ist. Wie auch beim neuen staatlichen Kennzeichen ist zu kritisieren, dass sich das Logo hauptsächlich auf die Beschaffenheit des Stalls bezieht. Was das bedeutet lässt sich am Beispiel von Hühnern verdeutlichen:

Während sich bei Hühnern in der Mast rund 26 Tiere in der ersten Haltungsstufe einen m² Stall teilen, sind es bei der zweiten Haltungsstufe 23 Tier pro m². Haltungsstufe 3 beläuft sich auf zwischen 17 und 20 Hühner in der Mast pro m². Bei der vierten Stufe sind es rund 14 Tiere pro m².  Selbst bei der „besten“ Kennzeichnung steht einem Masthuhn somit kaum mehr Platz als die Fläche von einem DIN-A4 Blatt zur Verfügung.  

Zudem werden Kontrollen der Haltungsformen durch die Initiative Tierwohl selbst in Auftrag gegeben – die meisten bleiben dementsprechend ohne Beanstandung.  Die DUH fordert mehr unabhängige Kontrollen, auch bei der staatlichen Pflichtkennzeichnung.

Unser Fazit zur Initiative Tierwohl: Verbraucher:innen werden mit dem Logo zumindest bei Haltungsstufe 1 und 2 in die Irre geführt. Diese freiwillige Haltungskennzeichnung der Wirtschaft bildet nicht das Wohl der Tiere ab, weil sie viel zu allgemein formuliert sind und den Tieren noch immer die drängende Enge der Massentierhaltung zumuten. Dass im Jahr 2023 zusammengenommen 86% der gekennzeichneten Produkte aus Haltungsform 1 und 2 stammen, weist darauf hin, dass  die Supermärkte viel zu wenig Werbung für die höheren Haltungsstufen machen, während sie viele Millionen Euro in die teils aggressive Werbung für Fleisch zu Ramschpreisen stecken. 

Billigfleisch und Tierwohl sind aber unvereinbar. Daher empfiehlt die DUH Verbraucherinnen und Verbrauchern die zwei höchsten Haltungsstufen in beiden Systemen, wenn es denn schon mal Fleisch sein soll.

Bessere Alternativen?

Gleichzeitig stellt sich die Frage nach besseren Alternativen. Eines der möglichen Kennzeichen für konventionell produziertes Fleisch ist das Neuland-Logo, ein weiteres die Kennzeichnung „für mehr Tierschutz“. 

© Neuland

Mitgründer von Neuland waren 1988 der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Deutsche Tierschutzbund sowie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).  Diese Verbände sind seit 2022 nicht mehr Träger von Neuland, sondern die Neuland-Höfe können Mitglied im Verein werden. Für jede Tierart gibt es klare Richtlinien, auf deren Einhaltung der Verein seine Lieferbetriebe kontrolliert. Die Produkte werden hauptsächlich in Fleischfachgeschäften und Neuland-Hofläden vertrieben.  

Die DUH begrüßt besonders, dass Neuland Obergrenzen bei den Tierbeständen definiert. Bei Masthähnchen liegt die Obergrenze pro Hof bei 14.400 Tieren, bei Mastgänsen bei 2.000. Gänse müssen Zugang zu Badewasser haben. Bei allen Geflügelarten muss Auslauf das ganze Jahr vorhanden sein, Sandbaden muss möglich sein, Einstreu muss vorhanden sein und den Boden bedecken. 

Bei Schweinen liegt die Bestandsobergrenze bei 950 Tieren pro Hof. Ein Schwein hat den doppelten gesetzlich verpflichtenden Platz zur Verfügung. Sie leben in Strohställen mit Auslauf ins Freie und dürfen ihren Ringelschwanz behalten – auf den sonst üblichen, schmerzhaften Eingriff der Schwanzkuppierung wird verzichtet. Das Futter stammt aus regionalem, gentechnikfreien Anbau. 

Bei Rindern gibt es eine Bestandsobergrenze von 350 Rindern pro Betrieb. Kälbchen wachsen 6 bis 8 Monate bei den Mutterkühen auf. Auch Rinder bekommen den doppelten gesetzlich vorgeschriebenen Platz zur Verfügung gestellt. Mindestens 120 Tage im Jahr steht das Rind auf der Weide. Ihre Hörner behalten die Tiere. Auch das Futter der Rinder stammt aus regionalem, gentechnikfreien Anbau. 

Fazit: Die Kriterien des Neuland-Logos sind weitaus strenger als die der staatlichen Kennzeichnung und der Kennzeichnung des Handels. Das Sigel steht somit deutlich für eine höhere Qualität von Fleischprodukten im konventionellen Bereich. Die DUH meint: empfehlenswert, wenn es schon unbedingt Fleisch sein soll.



Das Label des Deutschen Tierschutzbundes umfasst die gesamte Kette – von der Haltung bis zur Verarbeitung. Kontrollen erfolgen mindestens zwei Mal jährlich – von unabhängigen Kontrolleuren und unangekündigt. Zertifiziert wird auf zwei Stufen: der „Eingangsstufe“ (gekennzeichnet mit einem gelben Stern) und der „Premiumstufe“ (gekennzeichnet mit zwei gelben Sternen).

Auf der Eingangsstufe (ein Stern) zeichnen sich Masthühner durch ihr langsames Wachstum aus. Ställe haben mehr Platz und beinhalten Strukturelemente wie Sitzstangen und/oder Strohballen). Kontakt zum Außenklima muss vorhanden sein. Gefüttert wir bei Masthühnern und anderen Tieren ohne Gentechnik. Bei Mastschweinen darf auf der Eingangsstufe keine Schwanzkuppierung und betäubungslose Kastration erfolgen.

Die einfachen Kriterien dienen vor allem als Einstieg für Erzeuger:innen, um erste Verbesserungen am Leben ihrer Tiere vorzunehmen. Damit sich mehr Betriebe beteiligen können sind die Kriterien der Eingangsstufe relativ moderat gehalten.

Die Premiumstufe (zwei Sterne) kennzeichnet, dass es zusätzlich zu den Kriterien der Eingangsstufe noch Auslauf ins Freie geben muss. Für Masthühner ist das Label derzeit noch nicht verfügbar. 

Fazit: Durch die unabhängigen, unangekündigten Kontrollen gewinnt das Label an Glaubwürdigkeit. Das Siegel steht im konventionellen Bereich für eine höhere Qualität von Fleischprodukten gegenüber dem gesetzlichen Standard. Die DUH meint: empfehlenswert, wenn es schon unbedingt Fleisch sein soll. Je mehr Sterne desto besser!

Was ist der beste Standard?

Wer nicht auf tierische Produkte verzichten will, aber sichergehen möchte, dass Produkte die höchstmöglichen Standards für Tierwohl erfüllen, sollte statt zu konventionellen lieber zu Bioprodukten greifen. Artgerechte Tierhaltung ist eines der Leitbilder im Ökolandbau. 

So müssen bspw. in der ökologischen Geflügelhaltung Tiere für mindestens ein Drittel ihrer Lebensdauer während des Tages einen uneingeschränkten Zugang zum Freigelände haben. Geflügelställe müssen mit Sitzstangen und/oder erhöhten Sitzebenen ausgestattet sein. Das Futter muss frei von Gentechnik sein. 
Je nach Bio-Siegel kommen strengere Richtlinien in allen Bereichen des Lebens, des Transports und der der Schlachtung verschiedener Tierarten hinzu.

Generell gilt: sowohl für das Tierwohl als auch für die Gesundheit und für das Klima lohnt sich eine stärker pflanzenbasierte Ernährung. Wer nicht auf tierische Produkte verzichten will sollte einen angemessenen Preis dafür zahlen. Denn nur mit einem angemessenen Preis, der die Kosten auf den Bauernhöfen deckt, kann überhaupt  die Qualität der Lebensbedingungen für die Tiere und damit das Tierwohl verbessert werden.  

Copyright: © DUH/Erdmann

Reinhild Benning
Senior Beraterin für Agrarpolitik
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Farina Kiefer
Projektmanagerin Naturschutz und biologische Vielfalt
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