Die leeren Versprechen der neuen Gentechnik
Neue Gentechniken (NGT) wie etwa Genome Editing (CRISPR/Cas) bei Nutzpflanzen werden von Industrie und manchen Forschenden als Lösungen für viele Herausforderungen der Landwirtschaft angepriesen: gegen Hunger, den Klimawandel, Dürre oder Pestizideinsatz – und angeblich ganz ohne Risiken. Doch in der Realität können diese Versprechen bisher nicht gehalten werden.
Insbesondere eine Abwägung der Risiken für die Biodiversität durch neue Gentechniken kommt in der öffentlichen Diskussion bisher zu kurz. Trotz Studien zu offensichtlichen Biodiversitätsrisiken droht auf EU-Ebene eine weitreichende Deregulierung der Zulassungsverfahren, der Risikobewertungen, des Monitorings und der Kennzeichnungspflicht für NGT. Wir fordern deshalb den Erhalt des geltenden EU-Gentechnikrechts. Alte und neue Gentechnik müssen für alle entlang der Lebensmittelkette erkennbar, nachverfolgbar, risikogeprüft, einem transparenten Zulassungsverfahren unterworfen und reguliert sein! Für Verbraucherinnen und Verbraucher muss eine Wahlfreiheit bewahrt werden, ob sie gentechnisch veränderte Lebensmittel auf ihrem Teller haben möchten. Genveränderte Produkte müssen deshalb als solche erkennbar bleiben.
Gentechnik hält ihre Versprechen bisher nicht
Auf 13 Prozent der weltweiten Ackerflächen werden gentechnisch veränderte Organismen (GVO) genutzt. Vier Nutzpflanzen machen 99 Prozent dieser veränderten Organismen aus: Soja (50%), Mais (31%), Baumwolle (13%) und Raps (5%). Die dominierenden Eigenschaften dieser Pflanzen sind durch gentechnische Veränderungen herbeigeführte Herbizidtoleranzen (z.B. gegen Glyphosat) und Insektenresistenzen. Bislang hat sich der Pestizideinsatz durch den Anbau von GVO jedoch nicht maßgeblich verringert. Teils stieg der Pestizidverbrauch in Gentechnikmonokulturen sogar, denn die Beikräuter der Nutzpflanzen können nach und nach Resistenzen gegen die Herbizide entwickeln und sind dann oft nur noch von Hand oder mit erhöhten Pestizidmengen zu bekämpfen.
Gute Gründe gegen Gentechnik
Gentechnische Veränderungen an den Eigenschaften von Pflanzen sind sehr selektiv. Zum Beispiel erhöhen längere Wurzeln zwar die Trockenresistenz, machen die Pflanzen jedoch nicht resilienter für die komplexen Anforderungen des Klimawandels wie Starkregen, Sturm oder Überschwemmung. Auch Herbizid- und Insektenresistenzen sind häufig nicht von Dauer, können aber negative Auswirkungen auf die Biodiversität haben.
Die Marktmacht der Agrar- und Saatgutindustrie würde durch Patente auf NGT-Verfahren noch stärker auf wenige Akteure konzentriert. Sozioökonomische Effekte einer drastischen Ausweitung der Nutzung von NGT sind kaum erforscht. Zudem ist eine Nutzung von NGT mit den Leitlinien der Bio-Landwirtschaft unvereinbar und droht, diese zu verdrängen.
Der Naturschutz ist zunehmend betroffen. NGT erhöhen das Risiko zur Veränderung von Pflanzen- und Tiergemeinschaften in Wildpopulationen. Das hat Auswirkungen auf Biodiversität, Nahrungsnetze und Ökosysteme. Regionaltypische Pflanzen können durch NGT verdrängt werden und der Pestizideinsatz auf herbizidresistenten Gentech-Pflanzen steigt in vielen Fällen. Die von der EU geplante Gesetzesänderung zielt darauf ab, dass die behördlichen und unabhängigen Risikostudien, die bereits vorliegen, künftig nicht berücksichtigt werden dürfen. Das widerspricht aus unserer Sicht dem modernen wissenschaftlichen Sachverstand und darf keinesfalls Gesetz werden.
Unsere Forderung
- Eine Aufweichung der Risikoprüfungen bei NGT muss gestoppt werden! Um erheblichen, unabsehbaren Konsequenzen für die Biodiversität vorzubeugen, muss das Vorsorgeprinzip erhalten bleiben! Hohe Standards der Bio-Landwirtschaft dürfen nicht aufgeweicht werden!
- Verbraucherinnen und Verbraucher müssen die Wahl haben: Lebensmittel und alle anderen Produkte, die mit NGT hergestellt wurden, müssen gekennzeichnet bleiben!
- Auch weiterhin muss gelten: Tiere und Pflanzen dürfen nicht patentierbar sein!
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Kontakt
Reinhild Benning
Senior Beraterin für Agrarpolitik
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