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Für die Natur wird es eng

Artensterben, Nitrat im Trinkwasser, Supermärkte auf der grünen Wiese – ist die Welt hierzulande noch heil? Was schulden wir der Natur? Und wie steht es um die Biologische Vielfalt in Deutschland?

Verloren gegangene Biodiversität lässt sich nicht wiederherstellen – der Verlust ist irreversibel. Die klaren Worte sind nachzulesen in der Nationalen Strategie für Biologische Vielfalt. Beschlossen vom ersten Kabinett Merkel im Herbst des Jahres 2007. Damals und heute stimmen Umweltverbände dieser politischen Handlungsleitlinie durchaus zu; ihre Maßnahmen sind eigentlich zielführend. Doch in der Praxis sieht es anders aus: Die Beschlüsse wurden und werden nur halbherzig umgesetzt. Die EU-Agrarpolitik befördert naturzerstörende industrielle Landwirtschaft und die Bundesregierung setzt Verbesserungen der Fischereipolitik nach wie vor kaum um. Die Nutzerressorts der Bundesregierung nutzen vorhandene Instrumente für mehr Naturschutz nicht. Und es fehlt an politischem Willen in den Ländern, an Geld und Personal. Dass die Natur darunter leidet, ist messbar.

Die Bundesregierung selbst veröffentlicht regelmäßige Berichte, die den Zustand der Biodiversität dokumentieren – eine erschreckende Bilanz: Jede dritte Tier- und Pflanzenart in Deutschland ist gefährdet, zwei Drittel aller Lebensräume sind bedroht. Besonders dramatisch ist die Situation bei Insekten und anderen wirbellosen Tieren: Knapp 46 Prozent der untersuchten Arten sind bedroht, extrem selten oder ausgestorben. Auch die Biomasse der Insekten geht massiv zurück. 

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Angemessenes Budget für den Naturschutz

Die DUH und weitere Naturschutzorganisationen unter dem Dach des Deutschen Naturschutzrings richteten sich im Juni 2021 mit konkreten naturschutzpolitischen Kernforderungen an die Politik, denn die Natur braucht schnell Hilfe. Zudem wendet sich die DUH immer wieder direkt an Bundestagsabgeordnete oder an Ministerien und macht Druck auf die Bundesregierung, beispielsweise für eine strengere Dünge-Verordnung.

Naturschutz darf auch etwas kosten. Denn die Natur beschenkt uns unentgeltlich mit so genannten Ökosystemleistungen: sauberem Wasser, fruchtbaren Böden und Landschaften, in denen wir uns gern erholen sowie Bestäubungsleistungen. Deshalb brauchen wir eine engagierte Naturschutzpolitik und ausreichende Finanzmittel für deren Umsetzung. Die biologische Vielfalt in Deutschland und weltweit ist ein gesellschaftliches Gut. Ihr Schutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe. 

Artenkiller Nummer eins ist die intensive Landwirtschaft. Das immer naturfernere Wirtschaften auf Wiesen, Feldern und in Ställen hat zu massiven Verlusten an biologischer Vielfalt geführt. Der negative Trend ist fast überall sichtbar, denn die Hälfte der deutschen Lande wird landwirtschaftlich genutzt. Brachen, Hecken und Feldraine, nasse Senken oder Einzelbäume fehlen vielerorts.

Eine verheerende Wirkungskette lösen Pestizide aus. Nicht umsonst machen Glyphosat oder Neonicotinoide Schlagzeilen. Letztere sind hochgiftige Insektenvernichtungsmittel, die nicht nur Kartoffelkäfer und Blattläuse töten. Bienen und andere Bestäuber werden dezimiert. Vögeln fehlt die Nahrung.

Auch intensives Düngen schadet der biologischen Vielfalt: Magerstandorte und ihre typische Pflanzenwelt mit Margerite und Flockenblume verschwinden immer mehr. In Gewässern bis hin zum Meer führen ausgeschwemmte Nährstoffe aus Gülle, Mist oder Mineraldünger zu Eutrophierung. Gegen Deutschland läuft bereits ein Vertragsverletzungsfahren der EU wegen überschrittener Nitratgrenzwerte. Die DUH tritt für strengere Dünge-Regelungen ein und wirkt bei einer Anti-Nitrat-Kampagne des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit. 

Im Schutz der Natur von Nord- und Ostsee hat die Bundesregierung total versagt. Die Dorschbestände in der Ostsee sind überfischt, östlich des Darss gibt es höchstens noch 450 Schweinswale. Rastende Seetaucher, Meeresenten und andere Lebewesen müssen sich das Meer mit der Industrie teilen.

Die DUH fordert, dass mindestens 50 Prozent der gesamten deutschen Natura-2000-Schutzgebiete im Meer Ruhezonen werden. Sie sollen frei von jeglicher Fischerei sein. Ausbaggern und die Öl- oder Gas-Exploration dürfen hier nicht zugelassen werden. 

Den noch intakten Naturräumen Deutschlands droht die Isolation. Sie sind von Autobahnen, Bahntrassen und immer größeren Siedlungen eingeengt. Wir brauchen endlich schnell wirksame Maßnahmen und Gelder für einen schon seit 2002 im Naturschutzgesetz vorgesehenen bundesweiten Biotopverbund. Waldkorridore müssen eingerichtet und Flüsse wieder durchgängig werden. Wildtiere brauchen Passierhilfen an Straßen: Grünbrücken, Krötentunnel und Bermen. Denn genetischer Austausch ist für die Populationen lebensnotwendig.

Längst hat Deutschland einen Bundesverkehrswegeplan – analog dazu muss ein Bedarfsplan (Bundes-Raumordnungsplan) für Biotopverbünde geschaffen werden – am besten finanziert durch ein Prozent des Haushalts für die Bundesstraßen. 15 Prozent seiner Fläche soll jedes Bundesland für grüne Verbindungsstrukturen bereitstellen. 

Gärten, Friedhöfe, Mauern und Parks bieten ein einzigartiges Lebensraum-Mosaik. Hier fassen sogar seltene Tiere und Pflanzen wie der Schwarzspecht und die Apfelrose Fuß. Solche Stadt-Biotope müssen wir schützen. Darüber hinaus besitzen Gemeinden Wälder und andere Freiflächen. Die DUH fordert, dass sie erhalten bleiben und die kürzlich eingeführte Regelung zum erleichterten Bauen abgeschafft wird.

Städte tragen zudem eine besondere Verantwortung für die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Direkt vor der Haustür müssen Grünflächen geschaffen werden, die zum Erholen und Verweilen einladen. Wo es solche Gelegenheiten zur Naturerfahrung gibt, steigen die Akzeptanz und das Engagement für den Naturschutz. Mit dem Städtebauförderprogramm gibt es bereits einen Fördertopf für das Ausgestalten und die Neuanlage von Stadtgrün.

Weiterführende Links

Copyright: © Steffen Holzmann

Ulrich Stöcker
Teamleiter Wildnis und Naturkapitalungen
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