Fleisch, Eier, Milchprodukte oder Zuchtlachs – für all diese Lebensmittel wird in der Regel großflächig Soja angebaut. Denn wer heute große Mengen tierischer Lebensmittel produziert, kommt an Sojafutter für die Nutztiere kaum vorbei. Die eiweißreiche Sojabohne ist längst zu einem unverzichtbaren Treibstoff der industriellen Massentierhaltung geworden und macht je nach Tierart bis zu 30 Prozent der Futtermittel aus. Größte Abnehmer sind die Geflügel- und Schweinemast sowie die Milchviehhaltung. Der Anbau von heimischen Eiweißpflanzen reicht bei Weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Denn alternative Eiweißfuttermittel und -konzepte werden in Deutschland seit Jahrzehnten vernachlässigt. So wird nun fast das gesamte Soja für die Tierproduktion nach Deutschland importiert. Ein Großteil kommt aus Südamerika.
Sojafußabdruck bleibt unsichtbar
Die riesigen Mengen Soja, die für die Produktion von tierischen Produkten benötigt werden, sind für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht sichtbar – und damit auch die dramatischen Auswirkungen des Sojaanbaus. Denn welches Futter die Tiere, deren Fleisch man isst oder deren Milch man trinkt, gefressen haben, wird fast nie transparent gemacht. Dabei ist der Sojaanbau ein Haupttreiber für Naturzerstörung, Brandrodungen sowie Landraub. für die Biodiversität und den Klimaschutz unverzichtbare Ökosysteme zerstört. Der Sojaanbau dringt aktuell immer tiefer in die Ökosysteme Südamerikas vor. Für die Biodiversität und den Klimaschutz unverzichtbare Ökosysteme werden zerstört. Ein Hotspot des immer weiter expandierenden Sojaanbaus und der damit verbundenen Entwaldung ist derzeit der Cerrado in Südost-Brasilien. Die Savanne mit der weltweit größten Artenvielfalt beherbergt unter anderem den Jaguar und den Ameisenbär.
Deutsche Supermärkte tun zu wenig
Geht es um Soja als Futtermittel, ist Umweltzerstörung eher die Regel als die Ausnahme. Nur rund 22 Prozent der in Deutschland verwendeten Sojafuttermittel sind nachweislich entwaldungsfrei.
Fleisch, Milchprodukte und Eier aus deutschen Supermarktregalen können also durchaus zu Waldzerstörung und Landraub beigetragen haben. Die Deutsche Umwelthilfe hat in einem Marktcheck untersucht, inwieweit die großen Supermärkte in Deutschland ihren unternehmerischen Sorgfaltspflichten nachkommen. Die größten deutschen Supermärkte wurden mit Blick auf Zielsetzungen, Strategien und Stand der Umsetzung ihrer Soja-Nachhaltigkeitsrichtlinie analysiert. Dafür wurden öffentlich verfügbare Informationen (z.B. Nachhaltigkeitsberichte, Einkaufsrichtlinien), sowie von den Unternehmen per Mail getroffene Aussagen ausgewertet. Die Unternehmen hatten die Möglichkeit, zur von der DUH durchgeführten Bewertung vor der Veröffentlichung Stellung zu nehmen.
Supermarkt-Check zu Sojafuttermitteln
Das Ergebnis: Die untersuchten Märkte tun zu wenig, um Entwaldung in ihren Lieferketten auszuschließen und eine nachhaltigere Fütterung zu fördern. Keines der untersuchten Unternehmen kann mit Blick auf seine Sojafuttermittel-Lieferkette gut bewertet werden. Bei fast allen Unternehmen ist heute nur ein geringer Teil der tierischen Produkte nachweislich frei von Entwaldung. Besonders schlecht schneiden die Supermärkte bei der Rückverfolgbarkeit des Sojas, der Qualität der gesetzten Standards und der Transparenz gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten ab. Kein einziges Unternehmen kann das gesamte in den Lieferketten verwendete Soja lückenlos bis zur Anbauregion zurückverfolgen. Das wäre aber nötig, um etwa Risiken für Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen sicher auszuschließen. Die Ergebnisse unserer Analyse (lesen Sie hier die vollständigen Informationen zur Bewertung) zeigen, dass der freiwillige Umstieg auf entwaldungsfreies Soja alleine nicht ausreicht und es zusätzlich verpflichtende rechtliche Vorgaben braucht.
Rechtliche Vorgaben fehlen
Bis heute existiert in Deutschland und der EU keine verbindliche Regelung, die Entwaldung und illegale Landnahme in den Lieferketten von Unternehmen wirkungsvoll ausschließt und sanktioniert. Dadurch kann sogar Soja, das auf illegal gerodeten Tropenwaldgebieten angebaut wurde, ungehindert auf den deutschen Markt gelangen. Nach Schätzungen stammen bis zu 20 Prozent der Sojaexporte für die Landwirtschaft der EU aus dem Amazonas und dem Cerrado aus illegaler Entwaldung. Jährlich könnten rund 1,9 Millionen Tonnen Soja die EU-Märkte und damit auch deutsche Supermärkte erreichen, die von Farmen stammen, die mitverantwortlich für illegale Entwaldung sind.
Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen in den Herkunftsländern ist ein Mindestkriterium, das viele Unternehmen entlang der Sojalieferkette jedoch bis heute nicht sicherstellen. Rund 50 Prozent des in Deutschland verwendeten Sojas entspricht noch nicht einmal den Leitlinien der europäischen Futtermittelbranche, die zumindest die legale Herkunft des Sojas beispielsweise das Verbot illegaler Entwaldung oder illegaler Landnahme, in Bezug auf den Anbau, Arbeitsschutz oder Pestizideinsatz vorschreiben.
Die Sicherung der legalen Herkunft – Ausschluss illegaler Entwaldung, Einhaltung nationaler Arbeitsschutzgesetze und Respekt für Landrechte - darf aber nur ein erster Schritt sein und reicht als Nachhaltigkeitsnachweis nicht aus. Die Zerstörung und Umwandlung von Ökosystemen für unseren Konsum muss beendet werden.
Forderungen der DUH an Unternehmen
Die Verantwortung von Unternehmen endet nicht an der deutschen Grenze. Ein Großteil der Umweltbelastungen durch den Verzehr von tierischen Lebensmitteln findet im Ausland statt. Der Lebensmittelhandel steht hier in der Verantwortung, seinen Fußabdruck durch importierte Entwaldung zu reduzieren und Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in seinen Lieferketten sicher auszuschließen. Zu wenige Unternehmen setzen freiwillig Maßnahmen um – diese ersten Schritte reichen jedoch nicht aus, um die Situation in den Anbauregionen maßgeblich zu verbessern.
Deshalb fordern wir:
- Verabschieden Sie eine Lieferkettenpolitik, die Entwaldung, Umwandlung von natürlichen Ökosystemen sowie Menschenrechtsverletzungen in Ihrer gesamten Wertschöpfungskette für alle entwaldungskritischen Rohstoffe ausschließt. (lesen Sie hier den vollständigen Forderungskatalog).
Forderungen der DUH an die Politik
Um Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen, braucht es klare politische Vorgaben. Die Politik muss außerdem verhindern, dass Nachhaltigkeitsstandards zu einem Wettbewerbsnachteil werden.
Deshalb fordern wir:
- Die Bundesregierung muss sich für ein starkes EU-Lieferkettengesetz sowie ein starkes EU-Gesetz gegen importierte Entwaldung einsetzen. Wir brauchen klare gesetzliche Rahmenbedingunen, die verbindliche Sorgfaltspflichten für alle Unternehmen auf dem EU-Markt vorschreiben und die Umwandlung von wertvollen Ökosystemen wie Wäldern, Feuchtgebieten oder Savannen sicher ausschließt.
- Das deutsche Lieferkettengesetz muss zum nächstmöglichen Zeitpunkt um die Aspekte Biodiversität und Klimaschutz ergänzt werden.
- Die Tierbestände müssen auf ein vertretbares Maß reduziert und eine flächengebundene Tierhaltung mit höchstens 1,8 Großvieheinheiten pro Hektar eingeführt werden.
Empfehlungen der DUH an Verbraucherinnen und Verbraucher
Nur ein sehr geringer Anteil der weltweiten Sojaernte geht direkt in den menschlichen Verzehr, wird also zu Tofu oder Sojamilch verarbeitet. Die Sojalebensmittel aus deutschen Supermärkten stammen meist bereits aus nachhaltigem europäischen Anbau und können mit gutem Gewissen verzehrt werden.
Der Konsum von tierischen Lebensmitteln hinterlässt hingegen einen großen Flächenfußabdruck. Da die verfügbaren Ackerflächen begrenzt sind, kommt es zu einer Umwandlung von Ökosystemen in Weideflächen oder Ackerland. Das ist schlecht für das Klima und die Biodiversität.
Für eine pflanzliche Ernährung werden deutlich weniger Flächen benötigt. Versuchen Sie Ihren Konsum von Fleisch, Eiern und Milchprodukten zu reduzieren. Konsumieren Sie stattdessen mehr pflanzliche Lebensmittel und qualitativ bessere Fleisch- und Milchprodukte aus nachhaltiger und regionaler Landwirtschaft.
Dokumente & Downloads
Analyse: Tun Supermärkte genug? |
Scorecard: Supermarkt-Check zu Sojafuttermitteln |
Kontakt
Peer Cyriacks
Leiter Internationaler Naturschutz
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Tina Lutz
Campaignerin Naturschutz und Biologische Vielfalt
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