Seit 2018 ist es jedes Jahr zu trocken in Deutschland. Wälder sterben, Flüsse versiegen, Trinkwasserentnahmen werden rationiert. Was sich früher weit entfernt angefühlt hat, ist längst bei uns angekommen: Wasser, unser wichtigstes Lebensmittel, wird knapp.
Deutschland trocknet aus, mit fatalen Folgen. Selbst dort, wo durch Starkregen viel zu viel Wasser verfügbar scheint, versickert es nicht. Im schlimmsten Fall verstärkt das sogar Überflutungen. Denn auch wenn Starkregen und extreme Trockenheit auf den ersten Blick wie Gegensätze aussehen, hängen sie eng zusammen: Beide Extremwetter sind dramatische Auswirkungen der sich verschärfenden Klimakrise. Denn wenn vertrocknete Böden den Starkregen nicht mehr aufnehmen können, entstehen häufiger Sturzfluten und Überschwemmungen. Unsere Landschaft ist auf Entwässerung und schnellen Abfluss ausgelegt. In der Klimakrise verändern sich aber die Vorzeichen. Während wir nahezu ähnliche Regenmengen über das Jahr haben, variiert der Niederschlag saisonal und regional stark. Dass unsere Landschaft in der Lage ist, das Wasser aufzunehmen und die natürliche Funktion als Wasserspeicher zu erfüllen, wird also immer wichtiger.
Zeit zu handeln!
Seit dem Jahr 2000 ist Deutschland durch das EU-Wasserrecht verpflichtet, die Gewässer in einen guten Zustand zu bringen. Heute, über 20 Jahre später, wird dieses Ziel noch immer an über 90 Prozent der Flüsse und Seen verfehlt. Aktuell ist lediglich ein Prozent der Auen entlang der großen Flüsse intakt, über zwei Drittel stehen nicht mehr als natürliche Überflutungsflächen zur Verfügung. Die einzige Lösung: Wir müssen Flüsse und Auen endlich konsequent renaturieren. Das hilft auch, Hochwasser und Dürren entgegenzuwirken sowie die Grundwasservorräte zu erhöhen. Ganz nebenbei trägt das zum Erhalt der Biodiversität in und entlang von Gewässern bei.
Auch unsere Wälder vertrocknen und verbrennen vor unseren Augen. So verlieren wir wichtige Verbündete für Kohlenstoffspeicherung und Wasserneubildung. Doch statt klimaresiliente Mischwälder zu fördern, setzt man noch immer auf schädlingsanfällige Nadelholz-Plantagen etwa für die Produktion von Brennholz und Versandkartons. Auch Moorböden werden weiter entwässert und übernutzt, obwohl Alternativen für die Bewirtschaftung nasser Moore längst bekannt sind und die Wiedervernässung dringend nötig ist, um Wasser in der Landschaft zurückzuhalten. Zu allem Überfluss pumpen Industrie und Landwirtschaft auch noch die letzten Reserven aus der austrocknenden Landschaft als gäbe es kein Morgen.
So schützen wir unser Wasser!
Wir machen auf die Wasserkrise aufmerksam, um die Bundesregierung zum Handeln zu zwingen. Um unser Wasser zu schützen brauchen wir
- einen Verschwendungsstopp und eine Kreislaufnutzung für Wasser in Industrie und Landwirtschaft
- den Umbau von Städten und Siedlungsflächen nach dem Schwammprinzip und Entsiegelung
- die Stärkung von Ökosystemen, die Wasser speichern und langsam abgeben, durch Bach- und Flussrenaturierung, Waldumbau, Moorschutz und Auenweiden statt Äcker in den Überschwemmungsgebieten
Häufige Fragen
Wassermangel entsteht vor allem durch die Erderwärmung und den damit verbundenen Temperaturanstieg: Eine höhere Lufttemperatur führt dazu, dass die Atmosphäre mehr Wasser aufnehmen kann. Damit steigt die Verdunstung von der Landoberfläche, die in der Folge austrocknet.
In Deutschland ist die Wasserknappheit saisonal und regional sehr unterschiedlich. So sind Standorte mit sandigen Böden, wie zum Beispiel in Brandenburg, viel stärker von Trockenheit und den Auswirkungen betroffen als Standorte mit mittelporigen Böden, die Wasser besser speichern können , sowohl für die Verfügbarkeit für Pflanzen als auch zur Versickerung ins Grundwasser. Lehmböden gelten als idealer Bodentyp für die Wasserspeicherung, die überschüssiges Wasser auch gut abfließen lassen, um Staunässe zu vermeiden. Während Tonböden zwar viel Wasser aufnehmen können, aber so dichtporig sind, dass Pflanzen das Wasser schwer nutzen können. Auch die Niederschlagsverteilung in Deutschland, der Wasserbedarf und die Grundwasserneubildung sind regional sehr unterschiedlich. Der Dürremonitor Deutschland liefert hierzu flächendeckende Informationen.
Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Ist der Sättigungswert erreicht, entlädt sich das verdunstete Oberflächenwasser in heftigen Unwettern. Der zuvor durch die starke Verdunstung ausgetrocknete Boden, kann die Wassermassen dieser starken Regenfälle nicht aufnehmen. Denn trockene Böden sind sogar wasserabweisend.
Grund dafür ist: Bei langanhaltender Trockenheit lagern sich aus Pflanzen Fette und Wachse auf mineralischen Böden ab. Wasser kann dadurch kaum noch, bzw. nur sehr langsam aufgenommen werden. Bei Starkregen fließt das Wasser in Flüssen ab, kann nicht ins Grundwasser gelangen und sorgt für eine erhöhte Bodenerosion: Fruchtbare Erde wird weggeschwemmt und der Wassermangel damit noch verschlimmert.
Die Bevölkerung in Deutschland wird durch die öffentliche Trinkwasserversorgung versorgt, 2019 waren das 5,4 Milliarden Kubikmeter Wasser. Der Großteil des Trinkwassers stammt aus dem Grundwasser – ca. 74 Prozent. Eine Person verbraucht etwa 128 Liter Wasser am Tag (Stand 2019). Verwendet wird es vor allem zum Baden und Duschen (36 Prozent), die Toilettenspülung (27 Prozent) und zur Reinigung (24 Prozent). Nur ein kleiner Teil, knapp 4 Prozent wird für die Zubereitung von Nahrung und zum Trinken genutzt.
Neben dieser häuslichen Wassernutzung gibt es auch den Bedarf außerhalb von Privathaushalten und Kleingewerbe. Wasser wird für die industrielle Herstellung, z.B. die Erzeugung von Lebensmitteln, Kleidung und anderer Güter sowie als Kühlwasser für industrielle Anlagen genutzt. So verwenden beispielsweise die Energieversorger 8,8 Milliarden m³ Wasser pro Jahr (44,2 Prozent von der Gesamtmenge) und für die landwirtschaftliche Beregnung wurden 400 Millionen m³ (2,2 Prozent) Wasser aufgewendet. Dabei gibt es beim Wasserbedarf der Agrarwirtschaft auch Unsicherheit, in dem Sektor ist die Erfassung noch am ungenausten und die tatsächliche Wassernutzung vermutlich über den 2 Prozent.
Die Wasserentnahme durch Wirtschaft und Industrie kam 2019 zu 80 Prozent aus Fluss,- See- und Talsperrenwasser, also Oberflächengewässern. Der Anteil des Grundwassers machte 15 Prozent aus. Insbesondere bei industrieller Nutzung wird oft argumentiert, dass das Wasser wieder in Flüsse zurückgeleitet wird. Allerdings beeinträchtigt diese Rückleitung häufig die Wasserqualität, denn das Abwasser hat eine höhere Wassertemperatur und kann Reststoffe enthalten.
Wasser ist ein lebenswichtiges öffentliches Gut. Der Zugang zu einwandfreiem und sauberem Trinkwasser und Sanitärversorgung ist seit 2010 als Menschenrecht anerkannt worden. Die Frage der gerechten Verteilung stellt sich jedoch spätestens seit der langanhaltenden Dürre und Hitzesommern auch in Deutschland und regional.
Über eigene Anlagen entnehmen in Deutschland die Energieversorger, Industrie- und Bergbauunternehmen Wasser aus Oberflächengewässern oder aus dem Grundwasser. Diese sind im Gegensatz zum Bau von privaten Brunnen, welche nur der örtlichen Behörde angezeigt werden müssen, genehmigungspflichtig. Verträge, die das Entnehmen großer Wassermengen erlauben, sind oft auf über 30 Jahre ausgelegt und teilweise mit einer Abgabe belegt. Momentan erheben 13 der 16 Bundesländer so ein Entgelt für die Entnahme von Wasser, den sogenannten „Wassercent“. Die Bundesländer entscheiden dabei selbst über die Höhe der Entgelte – sie fallen jedoch überall sehr niedrig aus. In den Bereichen Wasserkraft, Landwirtschaft, Bergbau, Kühlung und Trinkwasser variieren die Preise zwischen 0,0005 bis 0,031 Cent pro Liter Wasser. In Bayern, Hessen und Thüringen können Unternehmen das Wasser sogar kostenlos entnehmen.
Während die Dürre in Deutschland eine große erste spürbare Auswirkung der Klimakrise ist und wir uns mit einem veränderten Wasserangebot auseinandersetzen müssen, tut die Bundesregierung zu wenig, um die kostbare Ressource auch für die Zukunft fair zu verteilen. Daher fordern wir, dass die Wasserentnahmeentgelte bundeseinheitlich eingeführt, angemessen bepreist und Gewässerschutzmaßnahmen verbindlich umgesetzt werden. Auch Beschränkungen des privaten Wasserverbrauchs können Gemeinden über einen zeitweiligen Erlass regeln. Sie dürfen beispielsweise das Befüllen von Pools oder Wässern von Gärtnern verbieten.
Bisher herrscht laut Umweltbundesamt in Deutschland hinsichtlich der Trinkwasserversorgung der Menschen noch keine Wasserknappheit. Aber unsere Landschaft vertrocknet vor allem im Sommer und die Grundwasserpegel können sich seit einigen Jahren nicht ausreichend erholen, da auch die tiefen Bodenschichten zu trocken sind. Extreme Niedrigwasserstände zum Beispiel im Rhein auf unserer wichtigsten Binnenschifffahrtstraße haben in den vergangenen Sommern zu Einschränkungen geführt. Kleinere Seen und Bäche trocknen vollständig ganz aus.
Der Wassernutzungs-Index setzt die verfügbaren Trinkwasservorräte in einem Land ins Verhältnis zur Wasserentnahmeund zeigt an, ob wir uns in einem nachhaltigen Rahmen, das heißt mit ausreichend Kapazität zur Grundwasserneubildung befinden. Bei einer Quote von mehr als 20 Prozent wird die wissenschaftlich definierte Schwelle zum Wasserstress erreicht. 2019 wurden insgesamt ca. 20 Milliarden Kubikmeter – etwa 11,4 Prozent – Wasser entnommen.
Flächendeckenden Wasserstress gibt es bislang noch nicht. Lokale und regionale Engpässe treten jedoch immer öfter auf. Sie haben unterschiedliche Ursachen, wie die jeweilige Wasserverfügbarkeit und den Wasserbedarf. Zahlreiche aufeinander folgende heiße und trockene Sommer mit zusätzlich wenig Niederschlag im Winter wirken sich negativ auf die Wasserversorgung und Wasserneubildung auf. Selbst wenn es also eine Weile häufiger regnet, kann sich nur da der Boden durchfeuchten und ansatzweise regenerieren, wo er noch nicht vollständig ausgedörrt oder versiegelt ist. Die Art unserer Bewirtschaftung führt jedoch dazu, dass an diesen Stellen das Wasser möglichst schnell wieder in Gräben und Flüsse abgeleitet wird und ins Meer oder außer Landes fließt.
Wenn wir uns nicht um einen stabilen Landschaftswasserhaushalt bemühen, werden jedoch bald strenge Wasserpriorisierungen getroffen werden müssen. Deutschland ist bereits seit einigen Jahren eine der Regionen, mit dem höchsten Wasserverlust weltweit: In 20 Jahren haben wir so viel Wasser verloren, wie in den Bodensee passt. Jährlich sind 2,5 Kubikkilometer in Deutschland ausgetrocknet. Mit der Entwicklung von regionalen Leitbildern für einen naturnahen Wasserhaushalt soll standortangepasste vorsorgende Wasserbewirtschaftung und -verteilung definiert werden; eine der länderübergreifenden Maßnahmen der Nationalen Wasserstrategie. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Leitbilder neben Trinkwasser auch das Wasser für unsere Natur und damit für langfristige Wassersicherheit priorisieren.
Negative Folgen von Wasserknappheit entstehen vor allem für die Landwirtschaft: Vor allem im Sommer in der Zeit des Pflanzenwachstums steht durch die heißen Sommer am wenigsten Wasser im Boden zur Verfügung. Insbesondere einjährige Kulturpflanzen haben dadurch weniger Zeit sich zu entwickeln und verdorren häufig. Das führt zu Ernte- und Ertragsausfällen. Häufigere trockene Sommer bedeuten auch, dass die Beregnungsbedürftigkeit von Anbauflächen steigen wird und ohnehin knappes Grundwasser verbraucht wird. Zukünftig könnte damit z.B. der Anbau von Obst und Gemüse und anderen wasserintensiven Produkten beschränkt werden.
Weitere mögliche Folgen sind sehr niedrige Grundwasserpegel und das vollständige Austrocknen von Gewässern. Das gefährdet nicht nur ganze Ökosysteme, sondern erhöht auch Schadstoffkonzentrationen und damit die Qualität des verbleibenden Wassers. Es entstehen unter Umständen auch Nutzungskonflikte zwischen der Trinkwasserversorgung, der Kühlwasserversorgung für Industrie und Energieerzeuger, eingeschränktem Schiffsverkehr auf Wasserstraßen und der Versorgung von Wasser für die Massentierhaltung.
Um die negativen Folgen von Wassermangel abzuschwächen und zu vermeiden, dürfen wir unsere Landschaft nicht mehr auf Wasserabfluss auslegen und uns nicht auf rein technische Lösungen zur Wasserversorgung verlassen.
Wir müssen uns bei der Nutzung unserer Landschaft an die Klimakrise anpassen und Wasser der Landschaft wieder zuführen. Vor allem die Oberflächenabflüsse müssen reduziert und Wasserüberschüsse gezielt zurückgehalten werden, um die Wasserspeicherung in der Landschaft zu verbessern. Auch der Waldumbau hin zu widerstandfähigen Mischwäldern, die Wiedervernässung von Mooren, der Schutz von Auen und Maßnahmen wie Deichrückverlegungen helfen, das Wasser in der Landschaft zu halten. Mit natürlichen Klimalösungen („Nature Based Solutions“) kann die Klimaerwärmung begrenzt und Extremwettereignisse vermindert werden. Dann werden Wälder und Böden wieder in die Lage versetzt CO2 zu speichern. Intakte Ökosysteme sind die besten Klimaschützer. Und je weniger stark wir die Klimakrise weiter anfeuern, desto weniger wirkt sie sich auch auf den Wasserkreislauf aus. Klimaschutz ist auch für unser Wasser zentral.
Zukünftig werden also mehr Nutzer*innengruppen als heute um eine knapper werdende Ressource konkurrieren. Deshalb müssen wir über eine gerechte Verteilung bei langanhaltender Trockenheit, also über eine Priorisierung nachdenken, die auch die Bedürfnisse der Ökosysteme berücksichtigt.
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Christin Hildebrandt
Fachreferentin für Gewässerschutz
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Sabrina Schulz
Stellvertretende Bereichsleiterin Naturschutz und Biologische Vielfalt
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