Pressemitteilung
Verheerendes Klimaschutz-Versagen: Die meisten Minister-Dienstsitze fallen bei Klima-Check durch
Berlin, 7.10.2020: Zahlreiche Politikerinnen und Politiker auf Bundes- und Landesebene versagen beim Klimaschutz ihrer Dienstsitze. Das belegt der Klima-Check der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Nur 3 von 15 Bundesministerinnen und -minister sind demnach beim Klimaschutz ihrer Gebäude auf einem guten Weg. In Baden-Württemberg und dem Saarland fallen alle Dienstsitze der Landesministerinnen und -minister durch. In ihren eigenen Amtssitzen verfehlen die Politiker damit die Einhaltung konkreter Klimaziele und ihre gesetzlich verankerte Vorbildfunktion. Dass auch in absehbarer Zeit keine energetische Sanierung der öffentlichen Liegenschaften geplant ist, zeigt das dafür fehlende Budget im aktuellen Haushaltsplan. Und das, obwohl die Politik gleichzeitig die privaten Eigentümer immer wieder eindringlich auffordert, energetisch zu sanieren. Auch dafür stellt die Bundesregierung keine ausreichenden Fördermittel zur Verfügung. Eine Erhebung vom Deutschen Mieterbund zeigt, dass bis zu 25 Milliarden Euro jährlich notwendig sind, um die Klimaziele im Gebäudebereich erreichen zu können. Lediglich 6 Milliarden Euro sind im Haushalt dafür eingestellt.
Hinzu kommt: Weder die Behörden noch die Bevölkerung wissen derzeit umfassend, wie der energetische Zustand der öffentlichen Gebäude überhaupt ist. Es gibt weder auf Bundes- noch Landes- oder kommunaler Ebene eine offizielle Erfassung. DUH und FragDenStaat haben deshalb jetzt den Klima-Gebäude-Check für alle öffentlichen Gebäude in Deutschland gestartet – von der Schule bis zum Rathaus. Mit Unterstützung der Bürger soll Licht ins Dunkel gebracht werden. Denn ohne energieeffiziente Gebäude sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Fast 30 Prozent von Deutschlands CO2-Emissionen entfallen auf den Gebäudebereich.
Dazu Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Unser Klima-Check offenbart, dass sich die Bundesregierung und die Landesregierungen weitgehend im Blindflug befinden, wenn es um die energetische Qualität ihrer Liegenschaften geht. Das ist verantwortungslos und muss schnellstmöglich behoben werden indem für alle öffentlichen Gebäude Bedarfsenergieausweise angefertigt und veröffentlicht werden. Unsere Stichproben zeigen den verheerenden Zustand der Gebäude. Wenn die verantwortlichen Politiker und Politikerinnen den Klimaschutz wirklich ernst nehmen, müssen bis spätestens Mitte 2021 Sanierungsfahrpläne mit einem konkreten Zeitplan vorgelegt werden. Wir werden in den kommenden Wochen bei weiteren Landesministerien und öffentlichen Gebäuden nachfragen und prüfen, wie ernst es die Politiker mit dem Klimaschutz an ihren eigenen Arbeitsplätzen meinen.“
Auf Bundesebene fallen 12 von 15 Dienstsitze beim Klima-Check der DUH durch. Nur die Gebäude der Ministerinnen Karliczek, Schulze und Klöckner haben einen Primärenergiebedarf, der mit den Klimazielen vereinbar ist. Im vergangenen Jahr zählte noch das Auswärtige Amt zu dieser Gruppe, in diesem Jahr wurde der abgelaufene Bedarfsausweis lediglich durch einen Verbrauchsausweis ersetzt, sodass nun keine sinnvolle Aussage zum energetischen Zustand des Gebäudes getroffen werden kann.
Denn Verbrauchsausweise basieren nur auf alten Verbrauchsdaten und lassen keinen Vergleich mit anderen Gebäuden zu, weshalb alle Ministerien, die nur einen Verbrauchsausweis vorgelegt haben, eine rote Karte erhalten. Das sind zahlreiche Häuser, die noch im vergangenen Jahr einen gültigen Bedarfsausweis vorgelegt hatten. Die DUH fordert, nur Bedarfsausweise als Energieausweis zuzulassen. Sie geben den energetischen Standard eines Gebäudes vergleichbar und aussagekräftig an.
In den Bundesländern zeigt sich ein erschütterndes Bild: In Baden-Württemberg erhalten gerade einmal 2 von 11 Ministerien gelbe Karten, sodass sie mit bis zu 140 kWh/m² im Jahr dringenden Sanierungsbedarf haben. Alle anderen Ministerien erhalten rote Karten. Sie sind entweder Klimakiller, besitzen lediglich Verbrauchsausweise oder überhaupt keinen Energieausweis. Zudem geht aus den erhaltenen Ausweisen hervor, dass die Landesregierung ihre eigenen Ziele nicht erfüllen kann, da in keinem der Ministerien erneuerbare Energien erzeugt werden, obwohl dies als Vorbildfunktion von Landesbauten im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Stattdessen offenbart sich Untätigkeit, da unsere Anfrage erst nach gut drei Monaten, statt der gesetzlich erlaubten vier Wochen beantwortet wurde. Im Saarland ist die Situation nicht besser. Die Ergebnisse zeigen, dass sich offensichtlich niemand um die Erfüllung der Vorbildfunktion von landeseigenen Bauten kümmert: Alle acht Ministerien erhalten rote Karten, da kein einziges einen Bedarfs-Energieausweis vorlegen konnte, sodass eine aussagekräftige energetische Bewertung unmöglich ist.
„Bund und Länder haben ein Transparenzproblem beim Klimaschutz ihrer Gebäude. Selbst auf Nachfrage legen zahlreiche Behörden lediglich Verbrauchsausweise vor, die keine vergleichbare Aussage über die energetische Qualität eines Gebäudes zulassen. Das demonstriert entweder Unwissenheit oder Desinteresse am Klimaschutz. Wir fordern alle Kommunen, Länder und den Bund auf, für ihre Gebäude die Bedarfsausweise öffentlich zu machen. Um den Behörden auf die Sprünge zu helfen, rufen wir alle Bürgerinnen und Bürger auf, am Klima-Gebäude-Check von FragDenStaat und der Deutschen Umwelthilfe teilzunehmen“, so Arne Semsrott, Projektleiter bei FragDenStaat.
Deshalb sind nun alle Menschen in Deutschland aufgefordert mitzumachen und so mitzuhelfen. Über www.fragdenstaat.de/kampagnen/klimacheck/ kann jeder die Energieausweise von Rathäusern, Schwimmbädern, Schulen & Co. mit nur wenigen Klicks erfragen. Die Behörden müssen innerhalb von vier Wochen antworten.
Links:
- Zur Aktionsseite von DUH und FragDenStaat: www.fragdenstaat.de/kampagnen/klimacheck/
- Die detaillilerten Ergebnisse des DUH Klima-Checks der Ministerien von Bund, Baden-Württemberg und dem Saarland finden Sie am Ende dieser Seite.
Kontakt:
Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin DUH
0170 7686923, metz@duh.de
Arne Semsrott, Projektleiter FragDenStaat
030 57703666 1, arne.semsrott@okfn.de
DUH-Pressestelle:
Matthias Walter, Marlen Bachmann, Thomas Grafe
030 2400867-20, presse@duh.de