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Pressemitteilung

Stoiber für „Staustufen und Büchsenflut“

Freitag, 30.08.2002

CDU/CSU-Sofortprogramm vernichtet mittelständische

Arbeitsplätze in der Getränkewirtschaft und in Brauereien

Klaus Töpfer fordert Beibehaltung des Dosenpfands und

„Glaubwürdigkeit staatlicher Umweltpolitik“

 

Auf heftige Kritik ist das heute in Berlin vorgestellte

"Sofortprogramm" der Unionsparteien bei den Berufsverbänden der

Getränkewirtschaft, den mittelständischen Privatbrauereien sowie den

Umweltverbänden gestoßen. Nachdem der Kanzlerkandidat der

Unionsparteien Edmund Stoiber bis vor wenigen Wochen erklärt hatte

(zuletzt Ende Juli), die Einführung des Dosenpfandes "nicht

verhindern" zu wollen, kündigt er nun für den Fall des Wahlsiegs die

Abschaffung des Dosenpfandes an.

Heftigen Widerspruch erntet der Unions-Kanzlerkandidat auch von

Klaus Töpfer (CDU), dem international bekanntesten deutschen

Umweltpolitiker: Der frühere Bundesumweltminister, Vater der

Verpackungsverordnung von 1991, steht klar zum Dosenpfand. Vom

Umweltgipfel in Südafrika aus widerspricht der heutige Direktor des

UN-Umweltprogramms dem Unions-Kanzlerkandidaten. Gegenüber der

Deutschen Umwelthilfe erklärte Töpfer in Johannesburg: "Wir können

nicht die Pfandpflicht als Knüppel im Sack haben, und wenn es ernst

wird, einfach sagen: Vergiss es. Eine Aufhebung des Dosenpfandes

hätte eine negative Signalwirkung und würde die Glaubwürdigkeit

staatlicher Umweltpolitik über die Pfandfrage hinaus unterminieren.

Dies war meine Meinung im Sommer 2001 und dazu stehe ich auch heute

noch."

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.

V., verwies auf die breite Zustimmung der Bevölkerung zum Dosenpfand:

"Es grenzt an Volksverdummung, wenn Stoiber den Kotau vor der

Dosenlobby auch noch als Einsatz für die Umwelt vernebelt. Wer

Stoiber wählt, wählt nicht nur Staustufen an der Donau sondern auch

die Büchsenflut." Die Deutsche Umwelthilfe wies darauf hin, dass

bereits heute jedes Jahr zwei bis drei Milliarden Getränkedosen und

Einwegflaschen nicht ordnungsgemäß entsorgt werden und u. a. in den

Vorgärten, Parks und am Straßenrand landen. 76 Prozent der Bürger

befürworten daher das Dosenpfand.

"Durch die Streichung des Dosenpfandes wird das Sofortprogramm der

Union im Bereich der Getränkewirtschaft zu einem Mittelstands- und

Arbeitsplatzvernichtungsprogramm", unterstrich Roland Demleitner,

Geschäftsführer des Bundesverbandes mittelständischer

Privatbrauereien. Die mittelständische Brau- und Getränkewirtschaft

habe ihre Investitionen auf Mehrweg ausgerichtet und auf den Vollzug

der von CDU/CSU und FDP geschaffenen Verpackungsverordnung mit dem

Dosenpfand vertraut. Dieses Vertrauen werde nun bitter enttäuscht.

"Tausende mittelständische Getränkeunternehmen und 250.000 am

deutschen Getränkemehrwegsystem hängende Arbeitsplätze werden durch

die von der Union angekündigte Streichung des Dosenpfandes massiv

gefährdet", kritisierte Roland Demleitner.

Für den Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels machte

dessen geschäftsführender Vorstand Günther Guder deutlich, dass die

Union mit der angekündigten Streichung des Dosenpfandes ein

Glaubwürdigkeitsproblem schaffe. "1991 schrieb Bundeskanzler Helmut

Kohl die Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen in die

Verpackungsverordnung. Bis hin zum Bundesverfassungsgericht haben die

Gerichte Klagen der Einweglobby gegen diese Maßnahme als unbegründet

abgewiesen. Jetzt hat zudem noch die EU-Kommission das Dosenpfand,

wie es neben Deutschland auch in Dänemark eingeführt werden soll, als

vereinbar mit europäischem Recht und legitime Umweltmaßnahme

bezeichnet. Mit ihrem Sofortprogramm steuern Stoiber und die Union in

ein umweltpolitisches Desaster." Guder kündigte zudem erneut an, dass

die mittelständische Brau- und Getränkewirtschaft umgehend

Schadensersatzklagen in Milliardenhöhe einreichen werde, falls eine

neue von CDU/CSU-geführte Bundesregierung eine Streichung der

Dosenpfandregelung tatsächlich vollziehen werde. Über den bekannten

Berliner Rechtsanwalt Reiner Geulen sei dies dem Kanzlerkandidaten

der Union auch bereits mitgeteilt worden.

"Das Pflichtpfand wurde am 02. Juli 2002 ausgelöst. Jeder Versuch,

diesen bereits in Gang gesetzten Prozess aufzuhalten, wäre offener

Rechtsbruch und hätte chaotische Zustände in der deutschen

Getränkewirtschaft zur Folge", so Rechtsanwalt Reiner Geulen. Weiter

führt er aus: "Jede Änderung der das Pflichtpfand auslösenden

Vorschriften der Verpackungsverordnung benötigt über ein Jahr. Alle

betroffenen Wirtschafts- und Umweltverbände wären zuvor anzuhören

(bei der Einführung des Pflichtpfandes waren es über 220 Beteiligte),

der Bundesrat müsste zustimmen, dem Bundestag wäre die Vorlage zur

Stellungnahme zu übersenden und erst dann könnte die Bundesregierung

das Pflichtpfand aus der Verpackungsverordnung herausnehmen. Solange

dies nicht geschehen ist - und es kann objektiv nicht mehr vor dem

01. Januar 2003 geschehen -, wären alle politischen Versuche, das

Pflichtpfand aufzuhalten offener Rechtsbruch. Dieser verpflichtet im

Übrigen auch zum Schadensersatz."

Der Deutsche Getränkeeinzelhandel werde ungeachtet der Ankündigung

der Union, das Dosenpfand zu streichen, seine Investitionen in das

Getränkemehrwegsystem fortsetzen. "Wir haben geltendes Recht, auf das

unsere Betriebe setzen und an dem auch ein Kanzlerkandidat Stoiber

und die Union nicht vorbeikommen", betonte Wolfgang Brügel,

Vorsitzender des Verbandes des Deutschen Getränkeeinzelhandels. Der

in dem Sofortprogramm enthaltene Verzicht auf das Dosenpfand, auf

dessen in Kraft treten der Getränkeeinzelhandel vertraue, mache

deutlich, dass die von Stoiber angekündigte Mittelstandspolitik ein

reines Lippenbekenntnis sei und er alleine den Forderungen der

Großindustrie, also der Einweglobby, Rechnung trage. Auch der

Getränkeeinzelhandel werde diese gegen ihn gerichtete Politik nicht

hinnehmen und seinem Unmut gegen die Pläne der Union in der

Öffentlichkeit Luft machen.

Nachfolgend frühere Bekenntnisse der Bayerischen Staatsregierung

und des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber zum Dosenpfand:

In einem Schreiben des Bayerischen Ministerpräsidenten vom 29.

Juni 2002 an drei das Dosenpfand befürwortende Verbände des

Getränkefachhandels sowie der mittelständischen Privatbrauereien

hatte Stoiber diesen versichert, "dass die Bayerische Staatsregierung

die Einführung des Pflichtpfandes durch die Bundesregierung nicht

behindern werde." Dieser Brief verließ die Münchner Staatskanzlei

zwei Tage, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine

Verfassungsbeschwerde der Einweglobby abgelehnt hatte. Stoiber

verwies hierin auch auf ein früheres Schreiben seines Umweltministers

Schnappauf vom 26.4.2002, in dem dieser schrieb: "Für die Einführung

des Pfands für Einwegverpackungen nach der geltenden

Verpackungsverordnung ist ausschließlich der Bundesumweltminister

zuständig. In unserem Gespräch am 6. Februar habe ich bereits darauf

hingewiesen, dass der Bund von Seiten der Staatsregierung daran nicht

gehindert wird."

In den 90er Jahren war Stoiber gar ein heroischer Kämpfer gegen

die Dose. Nachfolgende Zitate sind einem Grußwort von Dr. Edmund

Stoiber anlässlich des 25. Jubiläums des "Vereins gegen

betrügerisches Einschenken" in München am 10. November 1995

entnommen:

"Vor allem aus nördlichen und westlichen Weltregionen schwappt zur

Zeit eine Lawine des Dosenbieres über unserer Heimat zusammen."

"Dieser weißblech- und aluminiumbewehrte Frontalangriff auf unser

ästhetisches Empfinden, unsere sensiblen Geschmacksnerven und unsere

Abfallverwertungskapazitäten erfordert meines Erachtens neue

strategische Allianzen über den Tresen hinweg."

Zwei Jahre später wurde er bei einer Ansprache anlässlich der

Eröffnung der Interbrau-Messe in München am 18. September 1997 noch

deutlicher:

"Besondere Sorge bereitet den kleinen Brauereien der anhaltende

Trend zum Bier in der Dose. Während der Dosenanteil 1990 noch bei

5,6% lag, stieg er jetzt auf über 18%. Dabei haben uns die

Betriebswirte schon vor Jahren vorgerechnet, dass bei den grotesk

niedrigen Ladenverkaufspreisen eigentlich nur noch Luft in der Dose

sein dürfte, denn für das Bier bleibt kein Kostendeckungsbeitrag

übrig. Alles deutet darauf hin, dass die Dose gezielt zum

Verdrängungswettbewerb eingesetzt wird."

"Aber auch unserem Ziel der nachhaltigen Entwicklung und des

Umweltschutzes widerspricht der Trend zur Dose. Ich sage deshalb ganz

deutlich: Der Anstieg des Dosenbiers läuft den Bestrebungen der

Bayerischen Staatsregierung entgegen, im Interesse einer gesunden

Umwelt, ökologisch vorteilhafte Verpackungssysteme zu favorisieren.

.. Deshalb wollen wir dieses Mehrwegsystem stärken und erhalten."

"Wir drängen die Bundesumweltministerin (seinerzeit Angela Merkel)

das Instrumentarium der Verpackungsverordnung konsequent

anzuwenden..."

Ansprechpartner für Rückfragen:

Jürgen Resch

Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4 ,78315 Radolfzell

Tel.: 0 77 32 / 99 95-0, Fax: 0 77 32 / 99 95-77, Mobil: 01 71 / 3 64 91 70

E-Mail: info@duh.de

Günther Guder

Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V., Monschauer Str. 7 ,40549 Düsseldorf

Tel.: 0211/683938, Fax: 0211/683602, Mobil: 0172 2424950

E-Mail: GFGH_Verbaende@compuserve.com

Roland Demleitner

Bundesverband mittelständischer Privatbrauereien e.V., Justus-Staudt-Straße 2 ,65555 Limburg

Tel.: 06431/52048, Fax: 06431/53612, Mobil: 0171 5311444

E-Mail: roland.demleitner@oms.de

Wolfgang Brügel

Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels e.V., Laufamholzstraße 314a ,90482 Nürnberg

Tel.: 0911/502665, Fax: 0911/5048154,

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