Pressemitteilung
Siemens Energy: CO2-intensives Gasturbinengeschäft belastet Finanzierung
München, 18.2.2025: Kurz vor der Hauptversammlung des Industriekonzerns Siemens Energy am Donnerstag haben urgewald und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein Briefing veröffentlicht, das die aktuelle Geschäftsstrategie des Unternehmens beleuchtet. Es hat den Titel: „Siemens Energy: Riskantes Klammern am fossilen Geschäftsmodell“. Vor allem kritisieren die NGOs den nach wie vor großen Geschäftsanteil im fossilen Kraftwerksbereich, insbesondere das Gas-turbinengeschäft.
Neues Briefing zum Download: https://www.urgewald.org/sites/default/files/media-files/Briefing_Siemens%20Energy.pdf
urgewald-Daten zeigen: Siemens Energy ist Anteilseigner von geplanten und in Bau befindlichen Gaskraftwerken in Usbekistan, Brasilien und den USA. Siemens Energy plant darüber hinaus Turbinenlieferungen für Gaskraftwerke in mindestens 15 Ländern: Argentinien, Belgien, Brasilien, Irak, Kanada, Libyen, Mexiko, Nigeria, Philippinen, Polen, Saudi-Arabien, USA, Usbekistan, Vereinigtes Königreich und Zypern.
Das Beharren von Siemens Energy auf dem fossilen Geschäft ist nicht nur aus Klima-, Umwelt- und Menschrechtsperspektive problematisch. Es droht sich nun auch zum Problem für die Finanzierung des Konzerns zu entwickeln. Hintergrund sind die vergleichsweise hohen „finanzierten Emissionen“ durch Banken im Falle von Siemens Energy. Das sind die Emissionen, die dadurch entstehen, dass Banken z.B. Gelder an Öl- und Gasunternehmen, Energieversorger oder auch an die Stahl- oder Zementindustrie vergeben.
Ein anerkannter Standard für die Bewertung und Berechnung finanzierter Emissionen in der Finanzbranche ist der Financed Emissions Standard der Finanzbrancheninitiative Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF). Nach Finanzrecherchen basierend auf dem Bericht „Banking on Climate Chaos“ befinden sich unter den Top-15-Banken, die Siemens Energy zwischen 2020 und 2023 finanziert haben, 10 PCAF-Unterzeichner: Citigroup, HSBC, Bank of America, Deutsche Bank, BNP Paribas, UBS, Santander, Standard Chartered, Commerzbank und Crédit Agricole.
Für das neue Briefing hat urgewald das Finanzforschungsinstitut Profundo beauftragt, aus Finanzdaten des Jahres 2023 die resultierenden finanzierten Emissionen zu ermitteln: für Siemens Energy, den Öl- und Gaskonzern Shell sowie das Offshore-Windenergieunternehmen Ørsted.
Die deutlich höheren finanzierten Emissionen für Siemens Energy ergeben sich aus einem im Vergleich zu Shell viel geringeren Unternehmenswert. Dies führt in der PCAF-Formel zu einem deutlich kleineren Wert als bei Siemens Energy, mit dem die Unternehmensemissionen multipliziert werden. Das lässt Shell im Vergleich zu Siemens Energy zwar besser erscheinen, als das Unternehmen mit Blick auf die enorm hohen absoluten Emissionen tatsächlich ist. Der hohe Wert für finanzierte Emissionen von Siemens Energy sollte der Unternehmensführung trotzdem Anlass zur Sorge sein. Denn der große fossile Geschäftsanteil im Bereich Gasturbinen und -kraftwerke sowie Flüssigerdgasterminals führt unweigerlich zu hohen Scope-3-Emissionen – also solche Emissionen, die durch die Nutzung der Siemens-Energy-Produkte entstehen. Genau diese sollen bei PCAF-Mitgliedern ab diesem Jahr in die Emissionsberichte einfließen.
Moritz Leiner, Energie-Campaigner bei urgewald, kommentiert: „Mitten in der Klimakrise baut Siemens Energy sein fossiles Geschäft mit Gasturbinen fahrlässig weiter aus. Die Konzernerzählung von der dekarbonisierten Gasturbine bleibt ein fossiler Mythos, denn grüner Wasserstoff ist absehbar nicht in ausreichender Menge verfügbar. Die schlechte CO2-Bilanz im Kraftwerksbereich wird nun auch zum Risiko für die Refinanzierung des Unternehmens. Geldgeber mit Klimazielen müssen ab diesem Jahr ihre ‚finanzierten Emissionen‘ stärker offenlegen. Mit dem Herunterfahren des CO2-intensiven Gasturbinengeschäfts könnte der Konzern einen großen Beitrag gegen die weitere Erdüberhitzung leisten und eigene finanzielle Risiken erheblich mindern.“
Julian Schwartzkopff, Teamleiter Gasausstieg bei der Deutschen Umwelthilfe, ergänzt: „Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich die Klimastrategie von Siemens Energy als grün-gewaschenes fossiles Geschäftsmodell. Der Konzern setzt weiterhin auf Gasturbinen als Kerngeschäft – und wenn das fragwürdige Wasserstoffversprechen nicht aufgeht, bleibt der Lock-In in fossiles Gas. Die nötigen Wasserstoffturbinen gibt es noch gar nicht, denn die technischen Herausforderungen sind groß. Wasserstoff für die Stromerzeugung in Großkraftwerken zu benutzen ist zudem extrem teuer und nirgendwo existieren die regulatorischen Rahmenbedingungen, um die Umrüstung eines fossilen Gaskraftwerks wirklich sicherzustellen. Mit dem Klimaschaden der Gasturbinen, die Siemens Energy in alle Welt verkauft, will der Konzern hingegen nichts zu tun haben – deren CO2-Emissionen sind in den eigenen Klimazielen noch nicht einmal berücksichtigt.“
Kontakt:
Moritz Leiner, Energie-Campaigner urgewald
0157 328 240 32, moritz.leiner@urgewald.org
Julian Schwartzkopff, Teamleiter Gasausstieg Deutsche Umwelthilfe
030 2400867-963, schwartzkopff@duh.de
Moritz Schröder-Therre, Pressesprecher urgewald
0152 215 799 77, moritz@urgewald.org