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Pressemitteilung

Saubere Luft in Reutlingen: Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage gegen Land Baden-Württemberg– Gericht hält Diesel-Fahrverbote zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung für notwendig

Dienstag, 19.03.2019

Deutsche Umwelthilfe klagte auf schnellstmögliche Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts – Verwaltungsgerichtshof berücksichtigt die beschlossene Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) – Fahrverbote bleiben demnach trotzdem erforderlich – Zufahrtsbeschränkungen für Diesel-Pkw zur Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts bleiben in Reutlingen die letzte wirksame und damit notwendige Maßnahme

© Sergiy Serdyuk/Fotolia

Mannheim/Berlin, 19.3.2019: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat am gestrigen Abend (18. März 2019) der Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land Baden-Württemberg für saubere Luft in Reutlingen stattgegeben (10 S 1977/18). Das Land wurde verurteilt, den für Reutlingen geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) schnellstmöglich eingehalten wird. Das Gericht hat klargestellt, dass die vom Land und der Stadt Reutlingen vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen, um den NO2-Grenzwert ohne Berücksichtigung von Fahrverboten schnellstmöglich einzuhalten. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es in seiner Entscheidung berücksichtigen wird, dass das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geändert wird. Obwohl die Änderung formell noch nicht gültig ist, werde man vorsorglich das Urteil so treffen als wäre die Novelle des Gesetzes bereits in Kraft getreten.

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Das ist ein guter Tag für die „Saubere Luft“ und den Gesundheitsschutz, nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger in Reutlingen. Vor allem Kinder, Asthmatiker, ältere Menschen und Lungenvorgeschädigte profitieren von diesem Urteil. Das höchste baden-württembergische Gericht bestätigt damit auch die weitere Gültigkeit des europäischen Grenzwerts von 40 µg NO2/m³. Die grün-schwarze Landesregierung wurde verurteilt, zusätzlich zu den bisher vorgesehenen Maßnahmen für eine Verkehrswende in Reutlingen noch in diesem Jahr schmutzige Diesel-Fahrzeuge mit Fahrverboten zu belegen. Denn nur so kann der Grenzwert für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid kurzfristig, das heißt bis Ende 2019, auch eingehalten werden. Um die Mobilität der betroffenen Euro 4 und Euro 5 Diesel-Fahrzeughalter sicherzustellen, müssen Landes- und Bundesregierung die Autohersteller endlich verpflichten, bis zum Herbst 2019 die betrügerische Abgasreinigung im Rahmen eines zwei- bis vierstündigen Werkstattaufenthalts durch auch auf der Straße funktionierende Katalysatoren zu ersetzen. Wir fordern die Landesregierung auf, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu akzeptieren und spätestens zum 1. September 2019 die Einhaltung des NO2-Grenzwerts sicherzustellen.“

Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt, sagt: „Das Urteil hat Grundsatzcharakter. Dies betrifft insbesondere die in der letzten Woche durch den Bundestag verabschiedete Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.“

Die Urteilsbegründung des Gerichts liegt noch nicht vor.

Hintergrund:

Bereits 2014 entschied das Verwaltungsgericht Sigmaringen, dass der Luftreinhalteplan der Stadt Reutlingen zur Verbesserung der Luftqualität fortgeschrieben werden muss. Die Änderungen des Luftreinhalteplans brachte bisher jedoch keine Einhaltung des NO2-Grenzwerts. Deshalb reichte die DUH im März 2018 erneut Klage ein. 2018 ermittelte die offizielle Messstation in Reutlingen einen NO2-Jahresmittelwert deutlich oberhalb des erlaubten Grenzwerts von 40 µg/m³. An der Messstation Lederstraße-Ost wurden 53 µg NO2/m³ gemessen. Damit ist der NO2-Wert im Vergleich zu 2017 zwar gesunken, die Prognosen zeigen jedoch auch für die kommenden Jahre deutlich zu hohe NO2-Werte. Wie der aktuell gültige Luftreinhalteplan für Reutlingen darlegt, sind Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge die am schnellsten wirksame Maßnahme, um den NO2-Grenzwert einzuhalten. Ohne solche Verkehrsbeschränkungen wird der Jahresmittelwert selbst im Jahr 2020 noch nicht überall im Stadtgebiet eingehalten werden.

NO2 ist gesundheitsschädigend. Die Europäische Umweltagentur EEA hat im Oktober 2018 die gesundheitlichen Folgen der NO2-Verschmutzung mit jährlich 13.100 vorzeitigen Todesfällen allein in Deutschland beziffert. Schmutzige Diesel-Pkw tragen außerdem wesentlich zu mehr als 800.000 jährlichen Neuerkrankungen an Diabetes und Asthma bei. Das Umweltbundesamt hatte mit einer neuen Studie über die Gesundheitsfolgen des Dieselabgasgiftes NO2 verdeutlicht, dass bereits bei Konzentrationen deutlich unterhalb des Grenzwertes mit 437.000 Neuerkrankungen an Diabetes Mellitus und 439.000 Asthmaerkrankungen zu rechnen ist.

Derzeit führt die DUH Verfahren für „Saubere Luft“ in 35 Städten.

Kontakt:       

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de 

Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt Kanzlei Geulen & Klinger, Berlin
0171 2435458, klinger@geulen.com

DUH-Pressestelle:

Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse@duh.de 

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