Pressemitteilung
Nord Stream 2: Deutsche Umwelthilfe klagt gegen „Fake-Stiftung“ der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern
Berlin, 19.5.2021: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat heute beim Verwaltungsgericht Schwerin Klage gegen die Errichtung der „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ eingereicht. Mit der Klage beantragt die DUH, den Anerkennungsbescheid der Stiftung aufzuheben. Gegründet wurde die Stiftung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und ihrem Energieminister Christian Pegel. Tatsächlicher Hauptzweck der Stiftung ist es offensichtlich, über einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb den Weiterbau der Mega-Pipeline Nord Stream 2 zu ermöglichen. Klima- und Umweltschutz werden dagegen von der Landesregierung lediglich als Vorwand genutzt. Dies verstößt nach Überzeugung der DUH gegen das Stiftungsrecht. Die Klage der DUH entfaltet aufschiebende Wirkung – die Stiftung muss mit Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht Schwerin und Zustellung an die Beteiligten ihre Aktivitäten zugunsten von Nord Stream 2 vorerst einstellen. Davon könnten auch gepachtete Flächen betroffen sein, die beispielsweise in Rostock aktuell für die Fertigstellung von Nord Stream 2 genutzt werden.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Um die fossile Mega-Pipeline Nord Stream 2 fertig zu bauen, greift Ministerpräsidentin Manuela Schwesig tief in die Trickkiste und gründet eine Stiftung, die keine ist. Aus den nun bekannten Gründungsunterlagen wird deutlich: Die Zulassung der Fake-Stiftung war offensichtlich rechtswidrig. Klimaschutz ist lediglich vorgeschoben. Es ist ein Dienst für die Nord Stream 2 AG. Es geht um die Fertigstellung der Erdgas-Pipeline – mit der weiteres klimaschädliches Erdgas nach Deutschland transportiert werden soll. 100 Millionen Tonnen CO2 jährlich würde das zusätzlich verursachen. Das widerspricht den Klimazielen von Bundesregierung und EU und es tritt das Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts und damit die Zukunft aller jungen Menschen mit Füßen. Das mit einer vermeintlich gemeinnützigen Stiftung auch noch tarnen zu wollen, ist schamlos. Und dagegen wehren wir uns.“
Die Klage der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation ist jetzt möglich, weil die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ die Gründungsunterlagen auf ihrer Website veröffentlicht hat. Aus ihnen geht hervor, dass der tatsächliche Hauptzweck der Stiftung der wirtschaftliche Zweckbetrieb zum Weiterbau von Nord Stream 2 ist. Besonders pikant ist, dass dieser Zweckbetrieb Erträge erwirtschaften soll – weder Stiftungsgeschäft noch Satzung verlangen jedoch, dass die Gewinne für Klima- und Umweltschutz eingesetzt werden müssen. Das heißt, die Gewinne können letztlich über den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb wiederum der Nord Stream 2 AG zugutekommen. Während die Stiftung bisher keinerlei Klima- und Umweltprojekte unterstützt, hat sie bereits für den Weiterbau von Nord Stream 2 erforderliche Hafenflächen in Rostock gepachtet. Mit dieser Unterstützung eines fossilen Projektes gefährdet sie das Gemeinwohl. Zudem werden wichtige Teile der Stiftungsarbeit gemäß Satzung von Nord Stream 2 kontrolliert. So muss die Geschäftsführung des wirtschaftlichen Zweckbetriebs „auf Vorschlag der Nord Stream 2 AG“ besetzt werden.
Cornelia Ziehm, von der DUH beauftragte Rechtsanwältin: „Die Errichtung der ‚Stiftung Klima- und Umweltschutz MV‘ missachtet das geltende Stiftungsrecht. Mit Mitteln der Nord Stream 2 AG baut die Stiftung einen wirtschaftlichen Betrieb auf, der gemäß Satzung auch noch maßgeblich von der Nord Stream 2 AG beeinflusst wird. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat mit der Stiftung ein Schutzschild zugunsten eines einzelnen privaten Unternehmen errichtet – bereits das ist das Gegenteil von Gemeinwohl. Darüber hinaus und vor allem konterkariert der Stiftungszweck die vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich geforderte und verfassungsrechtlich garantierte Generationengerechtigkeit, die Errichtung der Stiftung verstößt gegen das Klimaschutzgebot aus Art. 20a GG, sie gefährdet das Gemeinwohl.“
Die veröffentlichten Unterlagen zur Stiftungsgründung lassen zudem eine Vermischung der Interessen seitens der Landesregierung befürchten.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Die Landesregierung von Manuela Schwesig muss eigentlich mit ihrem Bergamt Stralsund für die Einhaltung von Umweltbestimmungen sorgen. Gleichzeitig macht sie sich aber mit der Stiftung zum aktiven Erfüllungsgehilfen von Nord Stream 2. Damit steckt die Landesregierung mitten in einem Interessenkonflikt, den sie dringend auflösen muss. Damit sie ihrer Überwachungsfunktion für Klima- und Umweltschutz wieder ungehindert nachkommen kann, muss die Landesregierung alle rechtlichen und personellen Verbindungen zur Nord Stream 2 AG kappen. Die ‚Stiftung Klima- und Umweltschutz MV‘ muss sie deshalb unverzüglich auflösen.“
Hintergrund:
Bereits direkt nach Errichtung der „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ hatte die DUH Einblick in die Gründungsunterlagen verlangt und einen Antrag auf ihre Herausgabe nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) gestellt. Die Landesregierung verweigerte das. Deshalb hatte die DUH im April vor dem Verwaltungsgericht Schwerin eine Klage gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern zur Herausgabe der Gründungsunterlagen eingereicht. Die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ hat die Gründungsunterlagen nun überraschend und entgegen ihrem Vortrag in dem laufenden Verfahren veröffentlicht. Die DUH hat deshalb beim Verwaltungsgericht die Erledigung des laufenden UIG-Verfahrens erklärt und parallel heute die neue Klage gegen die Gründung der Stiftung eingereicht.
Links:
• Die Klageschrift finden Sie am Ende der Seite.
• Gründungsunterlagen der „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“: https://klimastiftung-mv.de/dokumente/
Kontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Dr. Cornelia Ziehm, Rechtsanwältin
0160 94182496, rechtsanwaeltin-ziehm@posteo.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz DUH
0160 4334014, zerger@duh.de
DUH-Pressestelle:
Matthias Walter, Marlen Bachmann, Thomas Grafe
030 2400867-20, presse@duh.de