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Pressemitteilung

Neue Emissionsdaten des Umweltbundesamtes: Deutsche Umwelthilfe kündigt an, vorsätzlichen Klimarechtsbruch der Bundesregierung im Verkehrs- und Gebäudebereich vor Gericht zu stoppen

Mittwoch, 15.03.2023

• Umweltbundesamt belegt für 2022 fortlaufende Emissionsüberschreitungen im Verkehrs- und Gebäudebereich – beim Verkehr sogar ansteigend

• Bereits 2020 bis 2022 eingereichte Klimaklagen der DUH gegen die unzureichenden Maßnahmen in den Sektoren können Bundesregierung zu ausreichendem Klimaschutz zwingen

• Verhandlung und Entscheidung noch in diesem Jahr erwartet

• DUH sieht kurzfristig wirksame Maßnahmen wie ein Tempolimit von 100 auf Autobahnen und 80 außerorts, Stopp der Verbrenner-Dienstwagensubventionierung und Sanierungsoffensive als „alternativlos“

© Petair/Fotolia

Berlin, 15.3.2023: Die heute vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlichten Treibhausgas-Emissionszahlen belegen den erneuten und anhaltenden Klimarechtsbruch der Bundesregierung im Verkehrs- und Gebäudesektor auch für das Jahr 2022. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und kündigt an, mit ihren teils seit 2020 anhängigen Klagen gegen die rechtswidrigen Überschreitungen in den Sektoren Verkehr und Gebäude noch in diesem Jahr den dringend notwendigen Kurswechsel juristisch durchzusetzen. Nach Informationen der DUH aus Gerichtskreisen ist zeitnah eine Verhandlung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vorgesehen.

Im Verkehrssektor wurden im Jahr 2022 statt der laut Klimaschutzgesetz erlaubten 139 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent emittiert – das liegt nicht nur über dem gesetzlichen Limit, sondern bedeutet sogar einen Anstieg der Emissionen im Vergleich zum Vorjahr. Im Gebäudesektor waren es im vergangenen Jahr statt der zulässigen 107,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Diese Überschreitungen sind auch dann rechtswidrig, wenn die Emissionen insgesamt wie 2022 leicht abgesunken sind, da alle Sektoren einzeln ebenfalls ihre Ziele einhalten müssen. Im Energiesektor sind die Emissionen um 11 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent durch die stärkere Verstromung von Kohle sogar auf 256 Millionen Tonnen angestiegen.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Verkehrsminister Wissing fährt den Klimaschutz im Verkehrssektor mit voller Absicht an die Wand. Statt die klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren, steigen sie sogar weiter an und drohen alle Klimaschutzbemühungen zu zerstören. Im Gegensatz zu den roten und grünen Koalitionären lassen wir uns diesen Verstoß gegen das Klimaschutzgesetz nicht gefallen und werden diesen Rechtsbruch durch unsere Klimaklagen stoppen. Nachdem bereits der eigene Expertenrat der Bundesregierung das Verkehrs-Sofortprogramm als rechtswidrig bewertet, fehlt mir jede Phantasie, wie wir unsere Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verlieren können. Nach einer Verurteilung zu einem kurzfristig wirksamen Sofortprogramm ist ein Tempolimit, das sofort über 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen würde, alternativlos.“

Bereits 2021 verfehlte der Verkehrssektor seine rechtsverbindlichen Vorgaben um 3 Millionen Tonnen CO2, im Jahr 2022 ist der Fehlbetrag auf rund 9 Millionen Tonnen angestiegen. Bis 2030 beträgt die von Experten der Regierung selbst prognostizierte Verfehlung sogar rund 270 Millionen Tonnen CO2. Diese zu vermeiden wird nur gelingen, wenn jetzt umfangreiche und sofort wirksame Maßnahmen zur CO2-Minderung umgesetzt werden, neben dem Tempolimit und dem Ende der Verbrenner-Dienstwagenförderung eine wirkliche Verkehrswende mit Stärkung von Bahn, Bus und Tram und Stopp des Bundesfernstraßen-Neubaus. Die FDP blockiert genau das jedoch seit Monaten und torpediert mit Duldung von SPD und Grünen nun auch noch das Ende von Verbrenner-Pkw 2035 auf EU-Ebene.

Auch der Gebäudesektor hat in 2022 seine Klimaziele verfehlt – sogar zum dritten Mal in Folge.

Hierzu Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Die UBA-Zahlen zeigen Schwarz auf Weiß das Klimaschutzversagen im Gebäudebereich: Hier sehen wir nicht nur eine erneute Zielverfehlung, sondern sogar einen Abwärtstrend. Das spiegelt sich auch darin wieder, dass im vergangenen Jahr noch 600.000 neue Gasheizungen eingebaut wurden. Das ist eine schwere Hypothek für die Klimaziele und bedeutet für die Haushalte nicht kalkulierbare Energiekosten. Der Ausstieg aus der Öl- und Gasheizung ist überfällig. Wir werden die Bundesregierung notfalls vor Gericht dazu zwingen, jetzt den Turbo für die Erneuerbaren im Gebäudesektor einzulegen. Dazu gehört vor allem die konsequente Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude – nicht nur von privaten Wohngebäuden, sondern auch von öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten.“

Im Energiesektor sind die Emissionen sogar gestiegen – trotz eines Rekordanteils Erneuerbarer Energien von 46,2 Prozent. Verantwortlich hierfür ist vor allem die stärkere Kohleverstromung.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Es war richtig, dass die Bundesregierung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Fokus auf Versorgungssicherheit gelegt hat. Die Mehremissionen dadurch, dass bereits stillgelegte Kohlekraftwerke aus der Reserve genommen werden mussten, erhöhen jetzt aber die Dringlichkeit, beim Klimaschutz entschlossen zu handeln. Wir fordern die Bundesregierung auf, durch einen noch schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien sowohl alte Kohle- als auch neue Gaskraftwerke so schnell wie möglich überflüssig zu machen. Damit der Energiesektor 2023 endlich die Trendwende schafft, muss außerdem der Kohleausstieg in ganz Deutschland auf 2030 vorgezogen und gesetzlich verankert werden.“

Hintergrund:

  • Im September 2020 hatte die DUH vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ihre erste Klimaschutz-Sektorklage eingereicht, die die Aufstellung eines wirksamen Klimaschutzprogramms fordert, um die Einhaltung der verbindlichen Klimaschutzvorgaben für den Verkehrssektor sicherzustellen. Bis heute, über zwei Jahre nach Einreichung dieser ersten Klage, liegt ein solches Programm nicht vor.
  • Im März 2021 erfolgte eine weitere Klimaschutz-Sektorklage, die die Aufstellung eines geeigneten Klimaschutzprogramms zur Einhaltung aller sektoralen Jahresemissionsmengen und damit die nationalen Treibhausgasemissionen bis zum Zieljahr 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent reduziert.
  • Im November 2022 wurden diese Klagen durch eine Klage auf ein rechtmäßiges Programm für den sogenannten LULUCF-Sektor nach § 3a des Klimaschutzgesetzes ergänzt.

 Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 wurde das Klimaschutzgesetz novelliert. Es sieht vor, dass bei einer Überschreitung der festgesetzten, sektorspezifischen Emissionshöchstmengen das jeweils zuständige Ministerium ein Sofortprogramm vorzulegen hat, dass die Einhaltung der Höchstmengen im Folgejahr sowie in den darauffolgenden Jahren sicherstellt. Das von Verkehrsminister Wissing im Juli 2022 vorgelegte Programm für das Jahr 2021 verfehlt jedoch diese Vorgaben um den Faktor 20: Statt rund 270 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 zusätzlich einzusparen, sind mit den darin aufgeführten Maßnahmen selbst nach Einschätzung der Bundesregierung bestenfalls etwa 13 Millionen Tonnen CO2 möglich. Sowohl der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung als auch der Wissenschaftliche Dienst der Bundesregierung hatten dies als unzureichend und rechtswidrig benannt.

  • Daher hatte die DUH im September 2022 eine Klage zur Verabschiedung eines wirksamen und rechtskonformen Sofortprogramms für den Verkehrssektor beim OVG Berlin-Brandenburg eingereicht. Noch bevor ein gesetzeskonformes Sofortprogramm für das Jahr 2021 vorliegt, wird jetzt ein weiteres Sofortprogramm für das Jahr 2022 verpflichtend.
  • Eine weitere Klage vom April 2022 zielt auf ein wirksames Sofortprogramm im Gebäudesektor ab, dessen Vorgaben im Jahr 2021 ebenfalls überschritten wurden.

Mit der Klimaschutz-Sektorklage für den Verkehrsbereich aus dem September 2022 möchte die DUH kurzfristig die Bundesregierung dazu zwingen, geeignete Einzelmaßnahmen umzusetzen, die das Erreichen der vorgeschriebenen Einsparung von rund 270 Millionen Tonnen CO2 sicherstellen. Als wirkungsvollste und wichtigste Sofortmaßnahme die Einführung von Tempo 100 auf Autobahnen und Tempo 80 auf allen Außerorts-Straßen. Berechnungen der DUH auf Grundlage neuester UBA-Zahlen zeigen, dass dadurch 11,1 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden können.

Link:


Zu den Zahlen des UBA: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/uba-prognose-treibhausgasemissionen-sanken-2022-um

Kontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin
0170 7686923, metz@duh.de  

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de

DUH Newsroom:


030 2400867-20, presse@duh.de

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