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Pressemitteilung

Meeresnaturschutzgebiete massiv geschädigt: Umweltschutzorganisationen reichen rechtliche Beschwerde bei EU-Kommission gegen Deutschland, Frankreich und Italien ein

Montag, 28.04.2025 Dateien: 1

• Deutschland, Frankreich und Italien brechen systematisch europäisches Umweltrecht, indem sie zerstörerische Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten zulassen

• 15 europäische Naturschutzgebiete betroffen – darunter vier Schutzgebiete vor den Küsten Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns

• Steigender Druck vor UN-Meereskonferenz in Nizza: Umweltschutzorganisationen fordern EU-Kommission mit Beschwerde auf, Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedsstaaten einzuleiten und Verstöße vor Europäischen Gerichtshof zu bringen

© DUH Montage (Fotos: stock.adobe.com)

Brüssel, 29.4.2025: Eine Koalition aus Umweltschutzorganisationen, darunter die Environmental Justice Foundation (EJF), Blue Marine Foundation, ClientEarth, Défense des Milieux Aquatiques (DMA) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) haben heute bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen Deutschland, Frankreich und Italien eingereicht. Nach Ansicht der Organisationen verstoßen die drei EU-Mitgliedstaaten schwerwiegend und systematisch gegen europäisches Umweltrecht, indem sie es versäumen, empfindliche marine Ökosysteme effektiv zu schützen und Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten nicht verbieten. Die Umweltschutzorganisationen fordern die Europäische Kommission auf, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten und die aufgeführten Fälle vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu bringen.

Obwohl EU-Umweltschutzgesetze – darunter die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) – eigentlich dem Schutz mariner Arten und Lebensräume dienen sollen, sieht die Realität anders aus: In ganz Europa erlauben Regierungen weiterhin zerstörerische Fischereimethoden in Meeresschutzgebieten, insbesondere die Grundschleppnetzfischerei. Diese schleift den Meeresboden großflächig ab und zerstört dabei empfindliche Lebensräume. Das Ausmaß ist alarmierend: In 85 Prozent der deutschen, 77 Prozent der französischen und 44 Prozent der italienischen Natura-2000-Gebiete im Meer findet weiterhin Grundschleppnetzfischerei statt – obwohl diese Gebiete eigentlich Rückzugsräume für Flora und Fauna sein sollen.

Die gemeinsame Beschwerde konzentriert sich auf 15 marine Natura-2000-Gebiete, in denen industrielle Grundschleppnetzfischerei weiterhin ungehindert betrieben wird – mit verheerenden Folgen für empfindliche Lebensräume wie Riffe, Seegraswiesen und Sandbänke.  In mehreren Ländern laufen bereits nationale Klageverfahren wegen anhaltender Grundschleppnetzfischerei – obwohl klare rechtliche Verpflichtungen nach der FFH-Richtlinie und weiteren EU-Vorgaben bestehen.

Marie Colombier, Senior Ocean Campaigner bei EJF: „Wir fordern die Europäische Kommission auf, entschlossen und unverzüglich zu handeln: Leiten Sie ein Vertragsverletzungsverfahren ein, setzen Sie EU-Recht durch und beweisen Sie, dass der derzeit entwickelte ‚Ocean Pact‘ mehr ist als nur ein leeres Versprechen. Diese rechtlichen Verpflichtungen sind kein Wunschkonzert. Wenn wir sie nicht durchsetzen, bedeutet dies die Zerstörung unserer Meeresfauna, der Gesundheit unserer Ozeane und der Zukunft der Küstenfischerei in ganz Europa.“

Svane Bender, Leiterin Naturschutz bei der DUH: „Grundschleppnetzfischerei beschädigt das fragile Ökosystem des Wattenmeeres – in klarem Widerspruch zum offiziellen Schutzstatus. Deutsche Behörden haben bereits im vergangenen Jahr bestätigt, dass Grundschleppnetzfischerei die größte Beeinträchtigung für marine Lebensräume in der Nordsee ist – handeln aber nicht entsprechend. Auch in der Ostsee hat diese Methode wesentlich zum Zusammenbruch kommerzieller Fischbestände beigetragen und findet nach wie vor statt. Das behindert die Erholung von Natur und der lokalen Fischerei gleichermaßen.“

Philippe Garcia, Präsident von DMA: „Obwohl die entsprechenden Gesetze seit 1992 gelten, befinden sich 90 Prozent der marinen Schutzarten und -lebensräume in Frankreich aufgrund der fehlenden Umsetzung dieser weiterhin in schlechtem Zustand. Es ist offensichtlich, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Die Behörden müssen jetzt dringend und konkret handeln, um den fortschreitenden Verlust von Biodiversität und Produktivität in der Fischerei zu stoppen.“

Dr. Giulia Bernardi, Senior Italy Projects Manager bei Blue Marine Foundation: „Es ist höchste Zeit, unseren Meeresschutzgebieten eine echte Chance zur Erholung zu geben. Grundschleppnetzfischerei ist mit geltendem Recht unvereinbar – wir brauchen dringend Klarheit und die konsequente Umsetzung durch die italienischen Behörden. Das schützt die biologische Vielfalt und ermöglicht gerade kleinen Fischereibetrieben, langfristig von der Erholung dieser entscheidenden Lebensräume zu profitieren.“

Link:

Weitere Informationen zur gemeinsamen Beschwerde, den beteiligten Umweltschutzorganisationen finden Sie am Ende dieser Seite.

Die englische Pressemitteilung finden Sie hier: ejfoundation.org/news-media/eu-faces-legal-complaint-as-france-germany-italy-leave-protected-marine-areas-open-to-destruction 

Kontakt:

Environmental Justice Foundation: media@ejfoundation.org

Défense des Milieux Aquatiques (DMA) : maigre42@gmail.com

Blue Marine Foundation: media@bluemarinefoundation.com

ClientEarth: ARivalier@clientearth.org

Kanzlei Huglo Lepage Avocats: raphaelle.jeannel@huglo-lepage.com

Svane Bender, DUH-Leiterin für Naturschutz und Biologische Vielfalt
0151 70534254, bender@duh.de

DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de

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