Pressemitteilung
Leben retten, Klima schützen: Breites Bündnis fordert generelles Tempolimit auf Autobahnen
Berlin, 11.4.2019: Ein breites Bündnis, bestehend aus der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen, der Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland (VOD), dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem ökologischen Verkehrsclub VCD, Greenpeace sowie der Deutschen Umwelthilfe (DUH), hat heute in Berlin die kurzfristige Einführung eines generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen gefordert.
Deutschland ist das einzige Industrieland weltweit ohne ein generelles Tempolimit. Obwohl die Maßnahme einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele für 2020 und 2030 leisten kann und erwiesenermaßen Menschenleben rettet, verweigert die Bundesregierung vehement die Einführung eines Tempolimits. „Es gibt keinen triftigen Grund, der gegen ein generelles Tempolimit spricht. Die Bundesregierung ist laut Grundgesetz zum Schutz des Lebens und des Klimas als natürliche Lebensgrundlage verpflichtet. Nicht zu handeln und das offensichtliche Potential eines generellen Tempolimits ungenutzt zu lassen, ist fahrlässig und widerspricht dem gesunden Menschenverstand“, so die Bündnispartner.
Nach Einschätzung der DUH können mit einem Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen sowie 80 km/h auf Landstraßen bis zu fünf Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. Die Maßnahme kann kurzfristig, günstig und sozial verträglich die Klimaschutzlücke bis 2020 verringern. „Wir brauchen keine neuen Pläne, keine weiteren Untersuchungen und schon gar keine neuen Kommissionen. Was wir brauchen sind endlich klare Entscheidungen für den Klimaschutz. Die Mehrheit der Bürger steht hinter einem Tempolimit, hunderttausende Schüler verlangen von der Regierung wirksame Klimaschutzmaßnahmen – und zwar jetzt! Frau Merkel – handeln Sie! Nehmen Sie diese Forderungen ernst. Schützen Sie Klima und Leben. Straßen sind keine Rennstrecken,“ so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen aus 2017 zeigt: 70,4 Prozent der Autobahnen in Deutschland sind ohne jegliches Tempolimit und geben der gefährlichen Raserei einen Freifahrtschein. Ein Tempolimit rettet Leben, verbessert den Verkehrsfluss, sorgt für eine stressfreiere Fahrt und schützt die Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdiensten.
Dazu Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen: „Deutschland verliert bei der Verkehrssicherheit den Anschluss an die europäische Spitzengruppe. Rund 300 Menschen sterben jedes Jahr bei Unfällen auf Autobahnabschnitten ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Mit einem Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen könnten wir viele Menschen retten und Schwerverletzte verhindern. Eine Höchstgeschwindigkeit ist einfach einzuführen und wirkt sofort.“
Von dem eigens gesteckten Ziel, bis 2020 die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten im Vergleich zu 2010 um 40 Prozent zu reduzieren, ist die Bundesregierung weit entfernt. Der Rückgang liegt für 2017 bei nur 13 Prozent, müsste nach sieben Jahren allerdings bereits bei 28 Prozent liegen, so der VOD. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist im Jahr 2018 sogar mit einem Anstieg der Zahl der Verkehrstoten von 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu rechnen. Auch vor dem Hintergrund der im Koalitionsvertrag vereinbarten „Vision Zero“, die mittelfristig die Zahl der Verkehrstoten auf null senken soll, ist ein Tempolimit zwingend notwendig.
Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende ergänzt: „Aus ideologischen Gründen verhindern alle Bundesverkehrsminister und die Autolobby seit Jahrzehnten die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen. Die Mehrheit der Deutschen denkt längst vernünftiger und spricht sich für eine Geschwindigkeitsbegrenzung aus – also für ein entspannteres Fahren ohne Angst vor Raserei. Die Gesetze der Physik, internationale Studien sowie sinkende Verkehrsunfallzahlen hierzulande nach Einführung von lokalen Tempobeschränkungen zeigen eindeutig: Das Tempolimit sorgt für weniger schwere Unfälle, weniger Getötete und Verletzte.“
Aus Sicht des Bündnisses ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung ein zwingender Bestandteil der dringend benötigten Verkehrswende. Für Elektromobilität und Digitalisierung ist ein Tempolimit unverzichtbar. Das Bündnis fordert die Mitglieder des Klimakabinetts auf, ein generelles Tempolimit auf Autobahnen und Landstraßen in den Maßnahmenkatalog aufzunehmen.
Arne Fellermann, BUND-Verkehrsexperte, erklärt hierzu: „Ohne strukturelle Veränderungen im Verkehrsbereich werden weder die Klimaziele erreicht noch wird die notwendige Verkehrswende eingeleitet. Anstatt kostengünstige und einfach umzusetzende Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, setzt der Verkehrsminister lieber auf teure Industrieversprechen, umweltschädliche Agrotreibstoffe und ineffiziente synthetische Kraftstoffe. Das ist eine in unseren Augen nicht mehr zeitgemäße Haltung. Ein Tempolimit gehört zu dem Umbruch unseres Mobilitätsverständnisses zwingend dazu. Einfacher geht Klimaschutz nicht.“
Benjamin Stephan, Greenpeace-Verkehrsexperte: „Eine Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen würde Menschenleben retten, das Klima schützen und gerade den deutschen Autobauern zeigen, dass tonnenschwere PS-Protze nichts mit nachhaltiger Mobilität zu tun haben. Statt einer sexistischen Kampagne zu Fahrradhelmen muss Verkehrsminister Scheuer wirksame Maßnahmen umsetzen. Ein Tempolimit rettet Menschenleben, Plakate tun das nicht.“
Andreas Troge, ehemaliger Präsident des Umweltbundesamtes, unterstützt die Forderungen des Bündnisses. Andere Experten, Verbände und Vereine sind aufgerufen, dem Bündnis beizutreten.
Links:
Die Hintergrundpapiere zum Tempolimit der Verbände, das Pressematerial der Gewerkschaft der Polizei in NRW sowie eine Pressemitteilung der Verkehrsunfall-Opferhilfe vom 11.4.2019, finden Sie am Ende dieser Seite.
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de
Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen
0211 20910132, pressenrw@gdp-nrw.de
Gerd Lottsiepen, Verkehrspolitischer Sprecher des VCD
0171 8824449, gerd.lottsiepen@vcd.org
Arne Fellermann, BUND-Verkehrsexperte
030 27586484, arne.fellermann@bund.net
Benjamin Stephan, Greenpeace Verkehrsexperte
0151 57208151, benjamin.stephan@greenpeace.org
Wulf Hoffmann, Verkehrsunfall-Opferhilfe VOD
0176 61634519, wulf.hoffmann@lvw-lsa.de
BUND-Pressestelle:
Sigrid Wolff, BUND-Pressesprecherin
030 27586-425, presse@bund.net, www.bund.net
VCD-Pressestelle:
Almut Gaude, Pressesprecherin
030 280351-12, presse@vcd.org, www.vcd.org
DUH-Pressestelle:
Ann-Kathrin Marggraf, Pressesprecherin
030 2400867-20, presse@duh.de