Pressemitteilung
Kniefall vor Dieselkonzernen: Deutsche Umwelthilfe kritisiert EU-Kommission für abgesagte Verschärfung der Abgasnorm Euro 7
Berlin, 27.10.2022: Der Deutschen Umwelthilfe (DUH) liegt der finale Entwurf der Neufassung des Abgasstandards Euro 7 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge vor. Dieser offenbart nach Ansicht des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes eindrucksvoll, wie die Autokonzerne nach der Übernahme des Kommissionsvorsitzes durch Ursula von der Leyen nun auch in Brüssel „durchregieren“.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Bei früheren Abgasvorschriften kämpfte die EU-Kommission für den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Umwelt und legte ambitionierte Regelungsvorschläge vor. Sieben Jahre nach der Aufdeckung des Dieselgates – der größte Industrieskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte – plant die EU-Kommission einen Kniefall vor den Dieselkonzernen. Mit einer inhaltlich entkernten Euro-7-Abgasnorm setzt die EU-Kommission das Signal für eine ‚freie Fahrt für Diesel-Stinker‘ in unseren Städten. Ich fordere die EU-Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf, die Euro-7-Abgasnorm auf den Stand der Technik zu verschärfen und zu verhindern, dass Diesel-Pkw in Europa zukünftig drei Mal schmutziger sein dürfen als beispielsweise in Kalifornien.“
Die EU-Kommission hat die Veröffentlichung zur neuen Euro-7-Abgasnorm für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge für den 9. November 2022 angekündigt. Der Termin wurde bereits mehrfach verschoben. Im vorliegenden Entwurf werden nun selbst die Empfehlungen des EU-eigenen Expertengremiums CLOVE (Consortium for ultra Low Vehicle Emissions) grob missachtet und Gesundheitsaspekte zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vernachlässigt. Statt die gesundheits- und umweltschädlichen Stickoxidemissionen zu reduzieren, soll der Grenzwert unverändert auf dem Niveau der vor über zehn Jahren festgelegten Euro-6-Abgasnorm (60 mg/km) verbleiben. Das Expertengremium hatte einen Stickoxidgrenzwert von 20 mg/km für alle Pkw vorgeschlagen. Zum Vergleich: In Kalifornien liegt der Grenzwert für die Summe aus Stickoxiden und non-Methane Organic Gases (NMOG) aktuell bei umgerechnet 32 mg/km und ab 2025 bei 19 mg/km.
„Die EU-Kommission dokumentiert, dass es ihr nicht darum geht, dass die Bürgerinnen und Bürger hochwertige, haltbare und weniger umweltbelastende Fahrzeuge und eine Saubere Luft bekommen. Einzig die Steigerung der Profite weniger Dieselkonzerne liegt im Fokus der EU-Kommission. Spätestens mit dem Bekanntwerden des Dieselgates im Jahr 2015 sollte die EU-Kommission aus den Fehlern lernen und sich nicht länger von der Autolobby um den Finger wickeln lassen“, so Resch weiter.
Laut Messungen des Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) der DUH konnten Diesel-Pkw bereits vor Jahren selbst den Wert von 60 mg/km unterschreiten, sofern eine ordnungsgemäße Abgasreinigungsanlage verbaut wurde. Ein schwerer Stadtpanzer wie der Mercedes GLS 350d mit der aktuellen Abgasnorm Euro 6 kann die Stickoxidemissionen mit aktuell verfügbarer Technik demnach spielend leicht unter den kalifornischen Grenzwert von 19 mg/km absenken. Die auf der Straße gemessenen Stickoxidemissionen lagen im Durchschnitt bei 6 mg/km – gerade einmal ein Zehntel des neu vorgesehenen Grenzwerts nach Euro 7.
Hintergrund:
Die untersuchten Szenarien des Expertengremiums CLOVE, welches unter anderem im ambitionierten Szenario eine Dauerhaltbarkeitsanforderung von 240.000 Kilometer Laufleistung vorgeschlagen hat, werden ebenso abgelehnt wie eine Verschärfung der veralteten Grenz- und Prüfwerte für Bremsen, Reifen und Batterielebensdauer. Hingegen werden auch für leichte Nutzfahrzeuge die am wenigsten ambitionierten Anforderungen verlangt und deren Haltbarkeit sowie die maximale Laufleistung auf gerade einmal acht Jahre oder 160.000 Kilometer festgelegt. In Kalifornien und China müssen beispielsweise die Hersteller die Anforderungen von 240.000 bzw. 200.000 Kilometer Laufleistung erfüllen.
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Weitere Informationen zur Abgasnorm Euro finden Sie am Ende dieser Seite.
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Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
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