Pressemitteilung
Fütterung durch unwissende Touristen gefährdet Delfine vor Teneriffa
Berlin, Teneriffa, 17.12.03. Umweltschützer schlagen Alarm: Touristen füttern vor Teneriffa Delfine und gefährden damit ungewollt das Überleben der Meeressäuger. Soeben beginnt die Hochsaison auf Teneriffa (Kanarische Inseln), einem der beliebtesten Reiseziele der Deutschen zur Weihnachtszeit. Besonders beliebt ist hier die Beobachtung wild lebender Wale und Delfine. Wie in jedem Jahr, werden auch in diesen Winterferien zig Tausende an den begehrten Ausfahrten teilnehmen. Der entstehende Trubel mit bis zu 30 Beobachtungsbooten allein im Südwesten der Insel, so Wissenschaftler und Umweltschützer, führt indes zu Stress auf Seiten der Meeressäuger. Neuerdings gesellt sich ein weiteres Problem hinzu: die Handfütterung von wilden Delfinen durch unwissende Touristen.
Seit einiger Zeit haben die Kanarischen Fischer die Fischzucht für sich entdeckt. Immer mehr Aufzuchtskäfige werden im Meer installiert, teilweise in unmittelbarer Nähe der Tourismushochburgen. In den küstennahen Gewässern lebt auch der Große Tümmler, eine charismatische Delfinart. Die Delfine fanden schnell heraus, dass es rund um die Fischfarmen "billigen" Fisch zu ergattern gibt, zumal die Fischer begannen, aktiv Fische zu verteilen. Dies Fehlverhalten haben inzwischen auch Touristen übernommen. Immer öfter versuchen Sie, sich auf eigene Faust mit eigens mitgebrachtem Fisch den zahm gewordenen Delfinen nähern. Es wurde sogar schon von "Wettrennen" zwischen Jetskis und Delfinen berichtet.
M.E.E.R. e.V., GRD und DUH warnen eindringlich vor diesen Fütterungen, da sie höchst problematisch sind und eine ernste Gefahr darstellen – und zwar für Tier und Mensch. Fabian Ritter, Biologe des M.E.E.R. e.V., betont: "Die Fütterung von wilden Tieren birgt stets die Gefahr, dass eine Abhängigkeit von der neuen Futterquelle entsteht. Delfine verhalten sich opportunistisch, vor Teneriffa lassen sich einige Tiere inzwischen sogar streicheln. Dies ist eine ernstzunehmende Gefahr für die Integrität der natürlichen Populationen". Und nicht nur dies: durch den engen Kontakt zu solch kraftvollen Tieren (Große Tümmler können mehrere Hundert Kilo schwer werden) bringen sich die Touristen selbst in Gefahr, verletzt zu werden. So hat eine Studie der Universität La Laguna (Teneriffa) ergeben, dass die gefütterten Delfine verstärkt zu aggressivem Verhalten neigen. "Kein Wunder, denn zwischen den Delfinen entsteht eine Konkurrenz um den angebotenen Fisch. An anderen Orten hat man auch schon aggressive Übergriffe auf Touristen dokumentiert", erklärt Ritter. Da die Fütterung wild lebender Wale und Delphine auf den Kanarischen Inseln per Gesetz verboten ist, machen sich die Beteiligten zusätzlich strafbar.
Die Kanarische Umweltbehörde ist informiert und hat bereits Kontrollmaßnahmen eingeleitet. Jedoch bleiben diese nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. "Jetzt gehen wir den Weg der Aufklärung, um die Bemühungen der örtlichen Behörden zu unterstützen. Wir haben dazu große Touristik-Unternehmen aufgefordert, ihre Kunden auf das Problem aufmerksam zu machen", so Fabian Ritter. Gemeinsam wollen die drei Organisationen dem Problem vorbeugend begegnen und dafür sorgen, dass die Touristen schon im Heimatland informiert werden. So wird vermieden, dass sich die vermeintliche Tierliebe ins Gegenteil verkehrt und es zu Unglücksfällen kommt.
Der Verein M.E.E.R. mit Sitz in Berlin ist eine Partnerorganisation der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD, München) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH, Radolfzell) und setzt sich zum Schutz der Wale und Delfine und ihrer Lebensräume ein. Der Verein ist Preisträger der internationalen Umweltauszeichnung "Tourismus und Umwelt 2001".
Weitere Informationen und fotografisches Bildmaterial:
M.E.E.R. e.V., Berlin. TEL: (030) 85 07 87 55,
meer@infocanarias.com
GRD, München. TEL: (089) 741 604-10,
info@delphinschutz.de
Ansprechpartner für Rückfragen:
Jörg Dürr-Pucher
Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4 ,78315 Radolfzell
Tel.: 07732/9995-0, Fax: 07732/9995-77,
E-Mail: duerr-pucher@duh.de