Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe schlägt Alarm: Nach Landtagswahlen in Niedersachsen drohen neue Erdgasbohrungen in der Nordsee
Berlin, 4.10.2022: Kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen am kommenden Sonntag haben sich SPD, CDU und FDP für neue Erdgasbohrungen in der Nordsee vor Borkum ausgesprochen. Dies zeigt eine Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter den Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten. Ein Datum für das Ende der bestehenden Erdgasförderung in Niedersachsen wollte keine der drei genannten Parteien nennen. Als Begründung für neue fossile Förderpläne führen sie die aktuelle Gasknappheit an. Aus Sicht der DUH ist das absolute Augenwischerei, da eine tatsächliche Förderung frühestens Ende 2024 starten könnte. Bis dahin müssen längst Maßnahmen wie der Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeinsparungen greifen, um fossile Abhängigkeiten abzubauen und die Klimaziele nicht zusätzlich zu gefährden. Bündnis 90/Die Grünen sowie DIE LINKE distanzieren sich von geplanten Bohrungen vor Borkum und sprechen sich für einen Ausstieg aus der bestehenden Erdgasförderung bis zu den Jahren 2035 und 2030 aus.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "In Niedersachsen droht das fossile Zeitalter eine Renaissance zu erleben: Neben den LNG-Terminals stehen auch neue Erdgasbohrungen auf der Agenda. Die Wahl am Sonntag muss zur Klimawahl werden. Nur so kann die erschreckende Sorglosigkeit einiger Parteien angesichts von Rekordhitzen, Dürren und Überschwemmungen beendet werden. Und nicht nur das Klima ist durch die Förderpläne vor Borkum bedroht. Schon allein der Bau der Pipeline zum Transport des Gases, der Stromleitungen und der Plattform werden 30 Hektar Wattenmeer vernichten. Durch die Bohrungen besteht die Gefahr von Erdbeben und Bodensenkungen im Wattenmeer. Lärm- und Lichtverschmutzung gefährden zudem Flora und Fauna und beeinträchtigen die Fischwanderung. Der sofortige Stopp dieses Projektes ist die einzige vernünftige Option.“
Die Intensivierung heimischer Erdgasförderung wird vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges zunehmend von Unternehmen vorangetrieben. Das niederländische Unternehmen ONE Dyas B.V. will zusammen mit Hansa Hydrocarbons Ltd. und Neptune Germany B.V. Erdgasbohrungen im niedersächsischen Wattenmeer durchführen. Damit soll ab Ende 2024 grenzüberschreitend Erdgas in der Nordsee gefördert werden. Für die Energiesicherheit und die aktuelle Gasknappheit kommt dieses Vorhaben damit zu spät. Gegen eine Genehmigung auf niederländischer Seite hat die DUH mit der niederländischen Umweltorganisation Mobilisation for the Environment und der Bürgerinitiative Saubere Luft für Ostfriesland bereits Klage eingereicht.
Auch die Förderung von Erdgas auf niedersächsischem Festland steht zur Debatte. Hierfür müsste allerdings die hoch umstrittene Methode des unkonventionellen Frackings eingesetzt werden, die in Deutschland bisher verboten ist. In der Umfrage der DUH spricht sich allein die FDP dafür aus, das Verbot zu überdenken.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: "Erfreulicherweise sprechen sich fast alle Parteien klar gegen Fracking aus: Lediglich die FDP will die Zulassung von unkonventionellem Fracking nicht ausschließen. Dabei leistet dieses Verfahren ebenso wenig einen Beitrag zum bevorstehenden Winter wie die Erdgasförderung im Wattenmeer. Im Gegenteil, sie birgt immense Gefahren: Die Folge könnten giftige Stoffe in Böden und Gewässern, Erdbeben sowie zusätzliche Methanemissionen sein. Das Verfahren selbst verschwendet zudem wertvolle Ressourcen, wobei beispielsweise der hohe Wasserbedarf den kompletten Wasserkreislauf einer Region belasten kann. Egal, um welche fossile Förderung es geht: Durch die kostspieligen und risikoreichen Förderverfahren werden wichtige Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeinsparungen verzögert.“
Hintergrund:
Zur Landtagswahl in Niedersachsen hat die DUH im September 2022 eine Umfrage unter den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten bezüglich ihrer Positionen zur Erdgasförderung im eigenen Bundesland durchgeführt. Die Antworten der CDU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grüne und DIE LINKE sollen den Wählerinnen und Wählern transparent machen, wie die jeweiligen Parteien die Energiewende im Land gestalten wollen – insbesondere im Hinblick auf die künftige Erkundung und Förderung von Erdgas in der Nordsee vor Borkum und zur Ausweitung von Fracking.
Link:
Die Ergebnisse der DUH-Umfrage unter den Spitzenkandidat*innen finden Sie am Ende dieser Seite.
Kontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz
0160 4334014, zerger@duh.de
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de