Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe: LNG-Beschleunigungsgesetz droht überdimensionierte elf Gasterminals zu schaffen, die nicht mit den Klimazielen vereinbar sind
Berlin, 10.5.2022: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt vor den Auswirkungen des geplanten LNG-Beschleunigungsgesetzes. Laut einer Entwurfsfassung, die der DUH vorliegt, sollen nicht wie angekündigt zwei Terminals für Flüssigerdgas (LNG) im Eiltempo durchgesetzt werden, sondern bis zu elf. Und die Anlagen sollen demnach bis Ende 2043 für den Import fossilen Gases genehmigt werden. Das ist unvereinbar mit der gesetzlich verankerten Klimaneutralität 2045 und mit allen Verpflichtungen nach dem Pariser Klimaabkommen, rechnet der Umwelt- und Verbraucherschutzverband vor. Denn die Regasifizierungskapazitäten der Terminals würden mit mindestens 70 Milliarden Kubikmetern pro Jahr nicht bloß einen Teil des russischen Erdgases ersetzen – sie würden die russischen Lieferungen selbst in Friedenszeiten sogar noch erheblich übertreffen.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Wir unterstützen ausdrücklich die Ziele Energiesicherheit und -unabhängigkeit. Doch dafür muss im Interesse von Umwelt und Klima gelten: Nur so viel fossile Energie wie nötig, so wenig wie möglich. Die Wunschliste der Bundesregierung für neue LNG-Terminals aber ignoriert das vollkommen. Sie ist viel länger und umfangreicher als mit den Klimazielen vereinbar. Die Projektliste mit elf Terminals entspringt den wirtschaftlichen Profitinteressen der deutschen Gasindustrie und hat mit einer vernünftigen Deckung des deutschen Energiebedarfes nichts mehr zu tun. Hier wird der Krieg in der Ukraine als Vorwand benutzt, um Fakten in Beton und Stahl an der deutschen Küste zu schaffen, die uns und allen kommenden Generationen schaden. Wir plädieren für Augenmaß und sind gegen überdimensionierte Planungen, die Klima und Natur schädigen. Deswegen fordern wir die Regierungsparteien auf, dieses Gesetz keinesfalls so in den Bundestag einzubringen.“
Dazu fordert die DUH, sollte der Zubau von LNG-Kapazitäten zur Sicherung der Energieversorgung tatsächlich notwendig sein, diesen auf wenige der bereits optionierten Spezialschiffe zu begrenzen, die sogenannten Floating Storage and Regasification Units (FSRU). Sie könnten mögliche Versorgungslücken für einige Jahre füllen, bis der Ausbau der Erneuerbaren Energien weit genug fortgeschritten ist. Stationäre LNG-Terminals mit langen Bau- und Laufzeiten, wie beispielsweise am Standort Brunsbüttel, liefern keinen kurzfristigen Beitrag zur Energiesicherheit, unterminieren aber langfristig die Einhaltung der Klimaziele.
Genehmigungen für den Betrieb mit fossilem Gas sollten für maximal zehn Jahre ausgesprochen werden. Dies entspricht auch dem Zeitraum, für den die bereits optionierten FSRU-Terminals zur Verfügung stehen. Nur so ist danach ein Absinken des Gasverbrauchs bis zur verbindlichen Klimaneutralität 2045 noch erreichbar. Und grundsätzlich sollten alle neu errichteten Anlagen zum Import gasförmiger Energieträger von vornherein technisch auf den Import von grünem Wasserstoff und anderen klimaneutralen Energieträgern ausgerichtet werden. Diese Vorgabe muss in allen Baugenehmigungen rechtlich verbindlich fixiert werden.
Entschieden kritisiert die DUH zudem die weitgehende Aushebelung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und Beteiligungsprozessen, wie im Entwurf vorgesehen. Beteiligungsverfahren und Prüfungen könnten zwar erheblich beschleunigt werden, um die notwendige Geschwindigkeit in dieser Krise zu gewährleisten. Eine komplette Absage an wichtige demokratische und naturschutzrechtliche Grundsätze sei aber inakzeptabel.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Das Gebot der Stunde ist die Einsparung von Gas und Energie, nicht der ungehemmte Neubau einer neuen fossilen Infrastruktur. Bei Energieeinsparungen ist die größte Eile geboten. Denn das würde der Energieunabhängigkeit und dem Klima gleichzeitig am meisten helfen. Wer das nicht tut – so wie die Ampel-Regierung bislang – macht sich unglaubwürdig. Darüber hinaus ist es nicht akzeptabel, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen und Mitwirkungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit und Verbände umgangen, berechtigte Sicherheitsbedenken der Bürgerinnen und Bürger einfach weggewischt werden können, wie es der Entwurf vorsieht. Eben so wenig dürfen Ausgleichsmaßnahmen um Jahre verschoben werden. Wir werden, wenn es um Tempo geht, innerhalb kürzester Zeit Stellungnahmen in Beteiligungsverfahren abgeben. Aber wir werden die hier vorsätzlich geplanten fossilen Überkapazitäten mit ihren immensen Schäden an Klima und Natur sowie die Aushebelung demokratischer Prozesse nicht hinnehmen.“
Kontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 903 54 509, mueller-kraenner@duh.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz
0160 4334014, zerger@duh.de
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de