Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe erwirkt Grundsatzentscheidung für „Saubere Luft“ in Berlin: Verwaltungsgericht Berlin hält Diesel-Fahrverbote für unausweichlich
Berlin, 9.10.2018: Das Verwaltungsgericht Berlin hat heute über die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) für „Saubere Luft“ in Berlin verhandelt (VG 10 K 207.16). Das Gericht hat entschieden, dass Diesel-Fahrverbote für Fahrzeuge bis Abgasnorm Euro 5 zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid (NO2)-Grenzwerte unausweichlich sind. Diese müssen bis zum 31. März 2019 in den Luftreinhalteplan aufgenommen und umgesetzt werden.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Wir begrüßen die klare und unmissverständliche Entscheidung zur Notwendigkeit von Diesel-Fahrverboten in der Bundeshauptstadt. Das Gericht hat zudem eindeutig die sogenannte ‚Diesel-Entscheidung‘ der Bundesregierung als wirkungslos kritisiert. Kanzlerin Angela Merkel muss unter Einbeziehung aller 115 unter NO2-Grenzwertüberschreitungen leidenden Städte und Gemeinden endlich eine verpflichtende Hardware-Nachrüstung für alle Euro 5 und Euro 6a-c Diesel-Pkw beschließen. Dafür wird sicherlich ein sechster Kanzlergipfel notwendig. Bei diesem sollte vielleicht auch die Deutsche Umwelthilfe und nicht nur die Automobilindustrie mit am Verhandlungstisch sitzen.“
Nach den bereits rechtskräftigen Urteilen für Diesel-Fahrverbote in München, Stuttgart und Düsseldorf schließt sich das Verwaltungsgericht Berlin den Entscheidungen der Verwaltungsgerichte für Fahrverbote in Aachen und Frankfurt an: „Leider erleben wir immer häufiger, dass die zuständigen Landespolitiker diese Urteile ignorieren. Doch die Politik wird sich nicht länger Recht und Gesetz widersetzen und den Gesundheitsschutz ihrer Bürger hinter den Interessen der Autohersteller anstellen können. Es ist an der Zeit, dass wir in unseren Städten wieder bedenkenlos durchatmen können. Dazu muss sich Kanzlerin Merkel nun endlich aus dem Würgegriff der Autohersteller befreien und pro Betrugs-Diesel die gesetzlich vorgeschriebenen 5.000 Euro Geldstrafe verhängen. Es ist beschämend genug, dass die Regierung bereits seit drei Jahren die betrügerischen Autohersteller protegiert – und dies auf Kosten der Verbraucher, deren Gesundheit und Mobilität“, so Resch weiter.
Rechtsanwalt Peter Kremer, der die DUH in dem Verfahren vertritt, ergänzt: „Die Richter haben bestätigt, dass es nicht auf einen durchschnittlichen Wert ankommt, sondern dass der Grenzwert an jeder Stelle in der Stadt eingehalten werden muss. Jeder Anwohner kann das jetzt vom Senat für sein Haus verlangen. Der Senat muss nachweisen, dass er mit streckenbezogenen Fahrverboten und den damit einhergehenden Ausweichverkehren das Problem der Luftbelastung in den Griff bekommt. Gelingt das bis Ende März 2019 nicht, wird der Senat um ein zonales Fahrverbot nicht herumkommen.“
Fahrverbote für Diesel-Pkw bis Abgasnorm Euro 5 kommen demnach an folgenden acht Straßen: Leipziger Straße, Reinhardtstraße, Brückenstraße, Friedrichstraße, Kapweg, Alt-Moabit, Stromstraße, Leonorenstraße.
Hintergrund:
Im Juni 2016 hat die DUH Klage gegen das Land Berlin wegen anhaltender Überschreitung der NO2-Grenzwerte im Berliner Stadtgebiet eingereicht. Das Problem der hohen NO2-Belastung ist nicht auf die Bereiche rund um die offiziellen Messstellen beschränkt. 2017 wurde der Jahresmittelgrenzwert von 40 µg/m³ nur an einer einzigen offiziellen Messstelle unterschritten, alle anderen Messstellen lagen darüber, bis zu Höchstwerten von 63 µg/m³ an der Leipziger Straße und der Buschkrugallee. Aktuelle Messungen der DUH von Juni 2018 bestätigen dieses großflächige Problem. NO2 ist gesundheitsschädigend und führt zu vorzeitigen Todesfällen. Die Europäische Umweltagentur EEA hat im Herbst 2017 die gesundheitlichen Folgen der NO2-Verschmutzung mit jährlich 12.860 vorzeitigen Todesfälle allein in Deutschland beziffert.
Diesel-Fahrverbote sind zur kurzfristigen Einhaltung des NO2-Grenzwertes die einzige Option und laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 27. Februar 2018 rechtmäßig und notwendig.
Derzeit führt die DUH Klageverfahren für „Saubere Luft“ 28 Städten. Ergänzend wird die DUH bis Mitte Oktober sieben neue Verfahren zur Einhaltung der Luftqualitätswerte beim Dieselabgasgift NO2 in sechs neuen Städten erheben. Damit klagt die DUH dann in insgesamt 34 Städten. Bis Ende 2018 sind noch für acht weitere Städte Verhandlungen für Saubere Luft terminiert.
Links:
- Zu den aktuellen Ergebnissen der Messaktion „Decke auf wo Atmen krank macht“: www.duh.de/abgasalarm/
- Hintergrundpapier „Klagen für Saubere Luft“: www.duh.de/projekte/right-to-clean-air/
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de
Peter Kremer, Rechtsanwalt, kremer | werner rechtsanwälte
030 28876783, kremer@kremer-werner.de
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de