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Pressemitteilung

Deutsche Umwelthilfe begrüßt zum 1. Mai die zehnte kontrollierte Umweltzone in Deutschland: 96 % der Hannoveraner mit Feinstaub-Plakette

Berlin/Hannover, Donnerstag, 01.05.2008

Wie in neun anderen deutschen Städten mit Umweltzonen akzeptiert auch in Hannover die große Mehrheit der Autofahrer den Kampf gegen den Feinstaub – DUH fordert finanzielle Förderung von Dieselpartikel-Nachrüstfiltern für Nutzfahrzeuge und Busse – Umweltminister Gabriel und Verkehrsminister Tiefensee verweigern weiterhin Betrugsfilter-Geschädigten jegliche Hilfe

Umweltzonen zur Feinstaubreduzierung werden in Städten mit hoher Schadstoffbelastung der Luft von der übergroßen Mehrheit der Autofahrer akzeptiert – spätestens wenn die Behörden mit den vorgesehenen Sanktionen ernst machen.

Dies ist das Ergebnis von Zählungen, die die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) heute früh anlässlich der „Scharfstellung“ der Umweltzone in Hannover durchführte. Die Leine-Stadt hatte nach dem Start der Umweltzone in den ersten vier Monaten des Jahres im „Spielbetrieb“  darauf verzichtet, das in der Plakettenverordnung vorgesehene Ordnungsgeld in Höhe von 40 Euro zu erheben und Plakettenmuffel mit einem Punkt in Flensburg zu belasten.

Die Feinstaubkontrollteams der DUH hatten am heutigen 1. Mai festgestellt, dass 91 % der in die Hannoveranische Umweltzone einfahrenden Autofahrer ihre Windschutzscheiben ordnungsgemäß mit grünen, gelben oder roten Plaketten bestückt haben und sich damit an die Regelungen in der Umweltzone halten. Von den insgesamt 995 zwischen 9:00h und 11:30h kontrollierten Pkw waren 785 mit grüner, 92 mit gelber und 29 mit roter Plakette gekennzeichnet. Keine Plakette hatten 89 Pkw, wobei auffiel, dass der überwiegende Teil auf Fahrzeuge mit überregionalen oder ausländischen Kennzeichen entfiel. Bezogen auf die Pkw aus dem Großraum Hannover betrug die Quote der korrekt gekennzeichneten Pkw sogar 96%.

Die festgestellte Akzeptanz lag damit noch einmal deutlich über den Zahlen, die die Feinstaub-Kontrollteams der DUH Ende Februar, immerhin zwei Monate nach Einführung der Umweltzone in Hannover, ermittelt hatten. Der Wert betrug damals 86 Prozent. Zum Start der Umweltzone in Hannover am 2.1.2008 waren hingegen erst rund 60 Prozent der Pkw mit einer Plakette gekennzeichnet.

„Aus den Ergebnissen lernen wir“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch, „dass zwar die große Mehrheit der Autohalter auch ohne Kontrollen und offensichtlich aus Überzeugung mitmacht, für die Minderheit der Plakettenmuffel sind 40 Euro Strafe und ein Punkt in Flensburg aber durchaus ein Argument. Der Erfolg der Umweltzone setzt also die konsequente Kontrolle durch die zuständigen Behörden voraus“. Mit dem heute ermittelten Wert nähert sich Hannover nun den beeindruckenden 97,6 Prozent korrekt gekennzeichneter Pkw, die die DUH Ende Februar in der Bundeshauptstadt Berlin ermittelt hatte, nachdem dort Verstöße seit dem 1. Februar sanktioniert wurden.

Die DUH sieht das Instrument der Umweltzonen, die mittlerweile in etwa einem Dutzend deutscher Städte installiert wurden, als bislang ernsthaftesten Versuch an, das Feinstaubproblem in den Ballungszentren zu entschärfen. Allerdings müssen die Umweltzonen zügig weiterentwickelt werden. Dabei gehe es nicht nur um die Verschärfung der Fahrverbote für Fahrzeuge mit roten und gelben Plaketten, sondern auch um die bessere Hilfestellung bei der Nachrüstung alter Dieselstinker mit Partikelfiltern „Wenn wir Erfolge bei der Feinstaubbekämpfung in den Ballungszentren sehen wollen, muss nicht nur die Nachrüstung der Millionen ungefilterten Diesel-Pkw endlich in großem Stil in Gang kommen, sondern auch die der Nutzfahrzeuge und Busse“, sagte Resch und erinnerte daran, dass die Länder aufgrund der Erhöhung der Kfz-Steuer für ungefilterte Diesel-Pkw insgesamt 900 Millionen Euro einnähmen, die nach dem Willen des Verordnungsgebers vollständig für die Nachrüstförderung und damit die Luftreinhaltung eingesetzt werden sollen.

Große Defizite gibt es nach den Untersuchungen der DUH noch bei der Ausstattung von Nutzfahrzeugen mit moderner Abgastechnik. Zwar seien nach vor einigen Wochen in Berlin erhobenen Daten der Feinstaubteams auch 94,7 Prozent der Lkw korrekt mit Plaketten gekennzeichnet, jedoch trügen nur ein gutes Viertel die grüne, mehr als die Hälfte eine gelbe und 17 Prozent eine rote Plakette. Damit könnten nach den verschärften Regelungen, die Anfang 2010 in Berlin in Kraft treten sollen, nur mehr ein Viertel der Nutzfahrzeuge in die Umweltzone innerhalb des S-Bahn-Rings von Berlin einfahren. „Wir brauchen dringend eine Förderung der Partikelfilternachrüstung insbesondere für die von den Mautregelungen nicht betroffenen leichteren Nutzfahrzeugen bis 12 Tonnen und für die Busse, wenn wir bei der Feinstaubbekämpfung vorankommen wollen“, forderte Resch in Richtung Politik. Dies sei kostenneutral finanzierbar, weil die Filternachrüstung bei Pkw wegen der Probleme mit unwirksamen Betrugsfiltern nicht im erhofften Maß in Gang gekommen sei. Resch: „Derzeit liegen 600 Millionen Euro zweckgebundene Einnahmen für die Nachrüstung bei den Ländern, die die Landesfinanzminister klammheimlich in den Landeshaushalten vereinnahmen wollen. Diese müssen für die Nachrüstförderung von Lkw-Partikelfiltern zur Verfügung gestellt werden.“

Kein Verständnis zeigte Resch für Minderheiten, die unter Parolen wie „Plakettenwahnsinn“ gegen die Umweltzonen einen populistischen Kleinkrieg entfachen wollten oder einen „Eingriff in die Bürgerrechte“ beklagten. „Jedes Jahr wird in diesem Land auf die denkbar dramatischste Weise in die Bürgerrechte von 70.000 Menschen eingegriffen, die vorzeitig an Feinstaubbelastungen sterben“, hielt Resch den Kritikern entgegen. Nicht die Autofahrer seien die wirklich Betroffenen der neuen Regelungen, sondern hunderttausende Anwohner der großen Verkehrsadern, die häufig selbst gar kein Auto besäßen.

Keine Bewegung ist hingegen beim Betrugsfilterskandal festzustellen. Während alle derzeit lieferbaren Nachrüstfilter offensichtlich funktionieren und die Tests des Kraftfahrtbundesamtes bestanden haben sind noch knapp 50.000 nicht funktionstüchtige Systeme verbaut. „Offensichtlich sind die beiden zuständigen Bundesminister Tiefensee und Gabriel in Tiefschlaf verfallen. Weder reagieren sie auf Zuschriften betroffener Autohalter, noch halten sie gegenüber dem Parlament gegebene Zusagen ein“, so Resch. Doch bis heute ist nicht einmal ein Anfang März 2008 gegenüber dem Deutschen Bundestag angekündigtes amtliches Schreiben an die 45.000 betroffenen Autohalter verschickt worden. Nach Informationen der DUH liegt noch nicht einmal ein zwischen Tiefensee und Gabriel abgestimmter Brieftext vor. Der Grund dafür: Während Umweltminister Gabriel weiter für seine gescheiterte Kulanzregelung werben möchte, besteht offensichtlich Verkehrsminister Tiefensee auf die Ankündigung eines beabsichtigten Entzugs der amtlichen Zulassungen für die Betrugsfiltersysteme insbesondere der Firma GAT.

Die Brisanz des Feinstaubproblems, insbesondere in verkehrsreichen Ballungsgebieten, wurde von Medizinern und Epidemiologen Anfang der 90er Jahre erkannt, als bei der Bekämpfung des traditionellen Smogs in vielen Industriestaaten beeindruckende Erfolge erzielt wurden, die gesundheitlichen Probleme jedoch nicht in gleichem Maße abnahmen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die EU-Kommission gehen in Deutschland von jährlich 75.000 vorzeitigen Todesfällen durch Herz-Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs aus. Als wichtigste Einzelursache in den städtischen Hochbelastungszonen gelten Feinstaubpartikel aus Dieselmotoren (Pkw, Lkw, Baumaschinen etc.). Während der Anteil der verkehrsbedingten Feinstaubemissionen zwar im Bundesdurchschnitt unter 20 Prozent liegt, beträgt er in den stark befahrenen innerstädtischen Straßenschluchten bis zu 50 Prozent (inkl. Reifenabrieb) und führt dort neben den vorzeitigen Todesfällen zu vielen hunderttausend Atemwegs- und Kreislauferkrankungen.

Für Rückfragen:

Jürgen Resch
Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Mobil.: 01713649170, Fax.: 0302400867-19, E-Mail: resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz
Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 03024008670, Mobil: 01715660577, Fax: 030240086719, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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