Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe begrüßt Verurteilung Deutschlands durch den Europäischen Gerichtshof wegen systematischem Verstoß gegen Luftqualitätsgrenzwerte und kündigt weitere Klagen an
Berlin, 3.6.2021: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute die Rechtsauffassung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bestätigt, dass Deutschland über Jahre hinweg systematisch keine geeigneten Maßnahmen ergriffen hat, um die Überschreitung des Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid (NO2) zu senken (C 635/18). Die Richter folgten damit der Europäischen Kommission, die 2018 die Bundesrepublik verklagt hatte. Sie machen in ihrer Begründung deutlich, dass die Weigerung der Bundesregierung, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Grenzwert so schnell wie möglich einzuhalten, nicht hinnehmbar ist. Die DUH begrüßt die heutige Entscheidung des EuGH als Grundsatzentscheidung in der Luftreinhaltepolitik.
„Das höchste europäische Gericht bestätigt mit seinem Urteil die Rechtsauffassung der DUH, dass Deutschland seit über zehn Jahren systematisch und vorsätzlich europäisches Recht gebrochen hat. Die Bundesregierungen haben seit 2010 bewusst eine Politik gegen die Menschen im Land betrieben und ihre Verpflichtung zur Luftreinhaltung ignoriert. Seit 2010 sind allein in Deutschland nach Berechnungen der Europäischen Umweltagentur mehrere hunderttausend Menschen vorzeitig an den Folgen zu hoher Luftbelastung gestorben. Die heutige Entscheidung des EuGH ist eine schallende Ohrfeige für eine Regierungspolitik, die einseitig die Wirtschaftsinteressen betrügerischer Automobilkonzerne bedient und auf die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger pfeift. Eine neue Bundesregierung muss sicherstellen, dass alle circa zehn Millionen noch auf unseren Straßen verkehrenden Betrugs-Diesel entweder stillgelegt oder auf Kosten der Hersteller nachgerüstet werden“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in den Verfahren für Saubere Luft vertritt, ergänzt: „Das Urteil ist großartig, kommt aber zu spät. Die Grenzwerte gelten schließlich seit mehr als zehn Jahren. Ohne die erfolgreichen Klagen der DUH würden wir erst jetzt ernsthaft beginnen, über Grenzwerteinhaltungen in unseren Städten zu reden. Das heutige Urteil adelt daher die Arbeit der DUH auf höchstem europäischem Niveau.“
Erst durch die Klageverfahren der DUH für die Durchsetzung der Sauberen Luft in 40 Städten und neun Bundesländern hat sich die NO2-Belastung in vielen deutschen Städten deutlich verbessert. Sofern der Grenzwert nicht während des Verfahrens eingehalten wurde und sich das Verfahren dadurch erledigte, hat der Umweltverband alle bisher abgeschlossenen Verfahren ausnahmslos mit erfolgreichen Urteilen oder richterlichen Vergleichen beendet und damit die überfälligen geeigneten Maßnahmen für die Saubere Luft durchgesetzt. Dazu zählen Dieselfahrverbote, Umweltspuren, die Nachrüstung von Bussen, die Verbesserung von öffentlichem Nahverkehr, Fahrrad- und Fußverkehr, Tempo 30 und vieles mehr. Aufgrund der ausgehandelten Maßnahmen konnte die NO2-Belastung in den 40 von der DUH beklagten Städten von 2018 auf 2019 doppelt so stark verringert werden wie in Nicht-Klagestädten.
Gleichwohl verbleiben in den beiden Landeshauptstädten der Betrugs-Dieselkonzerne BMW und Daimler – München und Stuttgart – noch Grenzwertüberschreitungen mit bis zu 54 µg/m³ im Jahr 2020. Das aktuell niedrige NO2-Niveau hängt ganz wesentlich auch mit der Corona-bedingt stark verringerten Mobilität zusammen. Die DUH rechnet für das 2. Halbjahr 2021 mit einem deutlichen Anstieg. „Nach dem heutigen, alle verbliebenen Rechtsfragen klarstellenden Urteil des EuGH erwarten wir kurzfristige Maßnahmen der verbleibenden Städte, dass die NO2-Grenzwerte eingehalten werden. Wenn nicht, werden wir wie diese in Stuttgart mit Vollstreckungsmaßnahmen diese kurzfristig gerichtlich durchsetzen“, so Resch.
Kontakt:
Jürgen Resch, BundesgeschäftsführerDUH
0171 3649170, resch@duh.de
Professor Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
0171 2435458, klinger@geulen.com
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de