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Pressemitteilung

Deutsche Umwelthilfe begrüßt bahnbrechendes Urteil in Großbritannien: Luftverschmutzung mitverantwortlich für den Tod eines neunjährigen Mädchens

Donnerstag, 17.12.2020

• Daten der Europäischen Umweltagentur belegen 63.100 vorzeitige Todesfälle durch Feinstaub und 9.200 durch Stickstoffdioxid in Deutschland

• Britische Justiz bestätigt „Exzessive Luftverschmutzung“ in wegweisender Entscheidung mitverantwortlich für die Entwicklung von Asthma und den späteren Tod einer Neunjährigen in London

• Erhöhte Sterblichkeit durch Luftverschmutzung erstmals mit einem konkreten Namen und Gesicht in Verbindung gebracht

• Deutsche Umwelthilfe wird Druck auf Bundes- wie Landesregierungen verstärken, damit diese kurzfristig die Belastung der Innenstädte mit Feinstaub und dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid massiv verringern

© Sergiy Serdyuk/Fotolia

Berlin, 17.12.2020: Erstmals haben Fachmediziner vor Gericht bestätigt, dass Luftverschmutzung mitverantwortlich für den Tod eines an Asthma leidenden Kindes ist. Ein akutes Versagen der Atemwege, schweres Asthma und Luftverschmutzung seien die wesentlichen Ursachen für den frühzeitigen Tod des neunjährigen Mädchens in London gewesen. Damit wird zum ersten Mal der ursächliche Zusammenhang zwischen einem Todesfall und hoher Luftbelastung vor Gericht hergestellt. Aus diesem Anlass fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Bundesregierung und alle Landesregierungen auf, ein wirksames Sofortprogramm für Saubere Luft und eine Absenkung der Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2) im kommenden Jahr umzusetzen.

Das Mädchen lebte in einem Bezirk in London, in dem die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zu Konzentrationen der Schadstoffe Feinstaub und Stickstoffdioxid seit Jahrzehnten überschritten werden. Hauptursache dafür ist der Straßenverkehr. Auch in Deutschland werden die von der WHO empfohlenen Grenzwerte für diese beiden Luftschadstoffe erheblich überschritten. Die Dieselkonzerne haben zuletzt vor zwei Jahren die geltenden, deutlich laxeren Grenzwerte für NO2 weiter abschwächen lassen.

„Es ist schlimm, wenn ein so junger Mensch sein Leben verliert. Das mutige Gerichtsurteil aus London, das die illegal hohe Belastung der Atemluft mit Feinstaub und dem Dieselabgasgift NO2 als wesentliche Ursache festschreibt, ist ein Weckruf für die Politik in Deutschland. Von der aktuellen Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD, die offen mit betrügerischen Autokonzernen gegen strengere Grenzwerte ankämpft, ist nichts zu erwarten. Wir brauchen neue, mutige Politiker, die endlich die Saubere Luft in unseren Städten durchsetzen und schmutzige Verbrenner kurzfristig aussperren bzw. eine Hardware-Nachrüstung durchsetzen. Auch in Deutschland leiden Hunderttausende Kinder und Erwachsene an Atemwegserkrankungen wie Asthma. Die hohe Belastung der innerstädtischen Atemluft mit Feinstaub und NO2 verstärkt die gesundheitlichen Gefahren. Unser Mitgefühl, aber auch unsere Bewunderung gilt der Mutter des Kindes. Sie kämpft seit Jahren dafür, dass endlich anerkannt wird, dass ihr Kind an den Folgen hoher Luftschadstoffkonzentration gestorben ist – und damit an der Ignoranz derjenigen, die für die Umsetzung wirksamer Maßnahmen verantwortlich sind“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Die Mutter der neunjährigen Ella hatte jahrelang dafür gekämpft, dass die Todesursache ihrer Tochter gerichtlich festgestellt wird. Der bestellte Gerichtsmediziner attestierte eine besondere Empfindlichkeit von Ellas Asthma auf Luftschadstoffe. So wies der Gutachter Stephen Holgate in der Anhörung auf eine „auffällige Übereinstimmung" der Zeiten hin, an denen Stickstoffdioxid und Feinstaubpartikel Höchstwerte erreichten und Ella zur Behandlung ins Krankenhaus musste. Der Gerichtsmediziner Philip Barlow sieht eine Mitursächlichkeit von Luftverschmutzung an Ellas Tod. „Das Urteil ist bahnbrechend und herzbewegend zugleich. Die bislang anonymen Zahlen der tödlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung haben mit Ella nun ein Gesicht bekommen“, so Resch.

Eine frühere gerichtliche Untersuchung im Jahr 2014 war zu dem Ergebnis gekommen, dass das Kind an einem akuten Versagen der Atemwege gestorben sei. Der Beschluss wurde jedoch vom High Court aufgehoben, nachdem neue Erkenntnisse über die hohe Luftbelastung im Wohnumfeld des Kindes bekannt wurden.

Hintergrund:

Kinder reagieren stärker als Erwachsene auf verkehrsbedingte Luftverschmutzung. Wie eine schwedische Studie zeigte, führt eine Schadstoffbelastung im ersten Lebensjahr zu einer verlangsamten oder unvollständigen Lungenentwicklung, die sich noch acht Jahre später nachweisen lässt.

Kurzzeitbelastungen mit dem Dieselgift Stickstoffdioxid führen bei umweltrelevanten NO2-Konzentrationen zu einer Verschlimmerung von Asthma. Asthmatiker, die an schadstoffbelasteten Adressen wohnen, haben wegen der Abgase vermehrt Asthmaanfälle und benötigen mehr Asthmaspray. Die Umweltbehörde der USA belegt in ihrer letzten Gesamtschau der Gesundheitseffekte von Stickoxiden einen direkten (kausalen) Zusammenhang von Stickoxidbelastung und Atemwegsproblemen bei Asthmatikern.

Die neunjährige Ella wuchs an einem stark befahrenen Straßenring in London auf, an dem die WHO-Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid überschritten wurden. In den Jahren vor ihrem Tod musste sie fast 30mal wegen Atembeschwerden ins Krankenhaus. 2013 starb sie an einem Asthma-Anfall.

Kontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

DUH-Pressestelle:

Matthias Walter, Marlen Bachmann, Thomas Grafe
030 2400867-20, presse@duh.de

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