Pressemitteilung
Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Klagerechte von Umweltverbänden
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheidet am kommenden Donnerstag (5. September) grundsätzlich über die künftigen Klagerechte von Umweltverbänden in Deutschland. Verhandelt wird über eine Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) gegen das Land Hessen, mit der auch entschieden wird, ob Umweltverbände künftig Verstöße gegen alle Umweltschutzvorschriften der Europäischen Union gerichtlich einklagen können.
„Ein Großteil unserer wichtigsten Umweltgesetze basiert auf EU-Recht, unter anderem beim Thema Luftreinhaltung. Für die Betroffenen ist es regelmäßig eine große Hürde, ihr Recht auf saubere Luft vor den Gerichten selbst einzuklagen, wenn die zuständigen Behörden untätig bleiben. Daher ist es umso wichtiger, dass Verbände mit ihren oft besseren Möglichkeiten diese Aufgabe zusätzlich und stellvertretend für die Betroffenen übernehmen können“, erläutert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Der Berliner Anwalt Remo Klinger vertritt die DUH in diesem Rechtsstreit. „Nach deutschem Recht können Verbände bisher nur gegen Anlagenzulassungen, wie die für Straßen oder Kraftwerke, klagen. Die meisten Umweltvorschriften der EU betreffen aber nicht das Anlagenzulassungsrecht, so dass etwa Verstöße gegen die meisten wasserrechtlichen Regeln oder viele Normen des Immissionsschutzrechts – gegen die tagtäglich verstoßen wird – nicht durch Verbände gerichtlich beklagt werden können.“ Der Europäische Gerichtshof habe die nationalen Gerichte bereits 2011 im Rahmen eines slowakischen Verfahrens aufgefordert, diesen Rechtszustand zu beenden und das jeweilige nationale Recht fortzuentwickeln. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, die diesem Auftrag folge, wäre ein Meilenstein für das deutsche Umweltrecht, erläutert Klinger.
Konkret geht es in dem Rechtstreit um die Pflichten des Landes Hessen bei der Frage der Luftreinhaltung. Das Land ist zuständig für die Aufstellung und Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Ballungsraum Rhein-Main, wozu auch das Stadtgebiet Darmstadt gehört. Schon seit Jahren werden dort die Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) regelmäßig überschritten. Weil auch die letzte Fortschreibung des Plans aus dem Jahr 2011 keine Maßnahmen umfasste, die die Einhaltung der Grenzwerte ermöglicht hätten, reichte die DUH im Februar 2012 Klage ein. In erster Instanz entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden am 16. August 2012, dass das Land Hessen verpflichtet sei, den für die Stadt Darmstadt geltenden Luftreinhalteplan entsprechend zu ändern und Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Umweltzone, umzusetzen.
Das Land hatte daraufhin eine sogenannte Sprungrevision eingereicht, weshalb das Verfahren direkt beim Bundesverwaltungsgericht landete. Das muss nun die Frage entscheiden, ob Umweltverbände jeden Verstoß gegen Umweltschutzvorschriften der Europäischen Union gerichtlich einklagen können. Die bisherige Gesetzeslage gestattet es Umweltverbänden nur gegen Vorhaben gerichtlich vorzugehen, die mit Umweltverträglichkeitsprüfungen verbunden sind.
Spricht das Gericht der DUH die Klagebefugnis zu, wird darüber hinaus eine Grundsatzentscheidung zum Luftqualitätsrecht erwartet: Hier geht es darum, welche Maßnahmen in einem Luftreinhalteplan aufgenommen werden müssen, um Grenzwertüberschreitungen bei NO2 entgegenzuwirken. Diese Frage ist besonders brisant vor dem Hintergrund, dass aktuell zahlreiche Kommunen und Behörden der EU-Kommission weitergehende Maßnahmen zur Minderung der Belastung auf ihrem Territorium vorlegen müssen. Ihre Anträge auf (erneute) Fristverlängerungen zur Einhaltung der Grenzwerte hatte die Kommission abgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht tagt am 5. September 2013, um 10 Uhr. Ort: Simsonplatz 1, 04107 Leipzig.
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de
Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt
Mobil: 0171 2435458, E-Mail: klinger@geulen.com
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse
Tel. 030 2400867-0, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de