Pressemitteilung
Außenwirtschaftsförderung: Neue Klimaregeln sind ein Fortschritt, aber lückenhaft
Berlin, 31.10.23: Morgen treten die neuen Klimaleitlinien („Sektorleitlinien“) für die deutsche Außenwirtschaftsförderung in Kraft. Damit will die Bundesregierung die Vergabe ihrer Hermes-Exportkreditgarantien und Investitionsgarantien mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris in Einklang bringen. Hintergrund ist das Versprechen der Bundesregierung vom Klimagipfel 2021 in Glasgow, die direkte Unterstützung fossiler Energieträger mit öffentlichen Geldern zu beenden. Wirtschaftsverbände und NGOs wurden an der Erarbeitung der Regeln beteiligt.
urgewald und die Deutsche Umwelthilfe begrüßen grundsätzlich die Einführung der Klimaleitlinien, kritisieren aber mangelnden Ehrgeiz der Bundesregierung mit Blick auf den Text des Regelwerks. Drei Beispiele:
- Die Erschließung neuer fossiler Gasfelder kann in Einzelfällen bis Ende 2025 weiter gefördert werden. Im Zusammenhang mit solchen Gasexplorationsprojekten darf die Bundesregierung auch weiterhin neue Pipelines oder Flüssiggasterminals absichern.
- Auch Kreditgarantien für konventionelle fossile Gaskraftwerke bleiben möglich: bis 2030, wenn sie auf 50% Wasserstoff umrüstbar sind, bis 2035, wenn sie mit wenig Aufwand auf 100% Wasserstoffnutzung umrüstbar sind. Ob dies der Fall ist, wird nur bei der Bewilligung von Kreditgarantien geprüft. Eine spätere Überprüfung findet nicht statt.
- Die Sektorleitlinien gelten nicht für so genannte Ungebundene Finanzkreditgarantien (UFK Garantien), ein zentrales Förderinstrument zur Sicherung von Rohstoffimporten der deutschen Industrie. Erst mittelfristig sollen auch sie mit konkreten Vorgaben am 1,5-Grad-Ziel von Paris ausgerichtet werden.
Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald, sagt: „Die Lobbyarbeit der deutschen Industrie hat zum Glück nicht zu einer massiven Schwächung der Leitlinien geführt. Doch die zahlreichen Ausnahmen im Regelwerk sind eine Gefahr für den Klimaschutz. Sollten sie intensiv angewandt werden, kann die Bundesregierung ihr Versprechen, die Außenwirtschaftsförderung mit dem 1,5-Grad-Ziel in Einklang zu bringen, nicht halten. Wird die Anwendung der Regeln hingegen strikt am Klimaschutz orientiert, sind sie ein Schritt in die richtige Richtung. Viel hängt jetzt von einer konsequenten Umsetzung ab.“
Die Bundesregierung hat derzeit zahlreiche Gelegenheiten, ihren Ehrgeiz beim Klimaschutz unter Beweis zu stellen. So war beim kürzlichen Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Nigeria die Lieferung von fossilem Erdgas für deutsche Unternehmen ein zentrales Thema:
„Bei ernsthafter Umsetzung der Sektorleitlinien können solche Gasimportgeschäfte höchstens noch über Ungebundene Finanzkredit-Garantien öffentlich gefördert werden. Dies wäre immer noch ein klimapolitisches Armutszeugnis. Auch auf die UFK Garantien müssen die neuen Klimaregeln schleunigst angewandt werden“, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
Ein weiterer Test für das neue Regelwerk sind kürzlich eingereichte Bürgschaftsanträge für fossile Projekte in Höhe von 850 Millionen Euro, die aus einer parlamentarischen Anfrage von Ende September hervorgehen. Es handelt sich um Vorhaben in Schweden, der Dominikanischen Republik, Irak und der Türkei. Letzteres Projekt umfasst allein 708 Millionen Euro.
Regine Richter kommentiert: „Die Höhe der aktuell eingereichten Förderanträge zeigt, wie groß das Interesse der fossilen Industrie an öffentlicher Unterstützung ist. Ob sie mit ihren Anträgen Erfolg hat, daran wird sich der klimapolitische Ehrgeiz der Bundesregierung messen lassen.“
Weitere Informationen:
- Neue Sektorleitlinien sowie FAQs: https://www.exportkreditgarantien.de/de/nachhaltigkeit/klimastrategie-1/klimastrategie-ekg.html#sektorleitlinien
Kontakte:
Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald
0170 2930725; regine@urgewald.org
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe
0160 90354509; mueller-kraenner@duh.de
Moritz Schröder-Therre, Pressesprecher bei urgewald
0152 215 799 77; moritz@urgewald.org