100% Elektromobilität auf der Schiene bis 2030
Wesentlich für Klimaschutz und Verkehrswende: Wir fordern von der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG ein Elektrifizierungskonzept für die Schiene.
Wenn in Deutschland von Elektromobilität gesprochen wird, versteht die Politik darunter vornehmlich die Durchsetzung von Elektroautos im Straßenverkehr. Auf der Schiene hingegen, wo die Elektromobilität bereits seit 50 Jahren „best practice“ darstellt, wurde die Elektrifizierung des Schienennetzes in den letzten 20 Jahren auf ein Rekordtief ausgebremst. Ganze 61 Prozent des deutschen Schienennetzes sind elektrifiziert – die Schweiz liegt bereits seit der Jahrtausendwende bei knapp 100 Prozent. Mit der augenblicklichen Geschwindigkeit der Elektrifizierung des deutschen Schienennetzes – in den vergangenen zehn Jahren mit 0,2 Prozent pro Jahr, bezogen auf die Gesamtstrecke – würde es knapp 200 Jahre dauern, bis wir den Elektrifizierungsgrad der Schweiz erreicht haben. Zwischenzeitlich haben uns selbst Spanien und Polen überholt, was die Elektrifizierung der Schiene angeht.
DUH-Kampagne „Lückenschluss“
Mit der im Februar 2020 gestarteten DUH-Kampagne „Lückenschluss“ möchten wir erreichen, dass Deutschland wie zuvor Österreich ein Elektrifizierungskonzept Schiene verabschiedet und darin konkret darlegt, wie bis zum Jahr 2030 genau 100 Prozent Elektromobilität auf der Schiene erreicht werden. Damit kann es gelingen, die schmutzigen Dieselschienenfahrzeuge abzuschalten.
Die DUH fordert, in einem ersten Schritt besonders wichtige „Lückenschluss“-Strecken zu elektrifizieren. Wir haben insgesamt neun Beispiele ausgewählt, die beschleunigt elektrifiziert werden sollen. Dabei sollen moderne Planungs- und Bauformen erprobt werden, die oft über mehrere Jahrzehnte sich hinstreckenden Projekte auf wenige Jahre abkürzen. Die so gewonnenen Erkenntnisse können auf die dann noch verbliebenen Streckenabschnitte zeit- und kostensparend angewendet werden.
Die DUH fordert die Umsetzung folgender Lückenschluss-Strecken im Rahmen des 70%- Elektrifizierungs-Zieles bis 2025:
- Elektrifizierung Radolfzell – Friedrichshafen (Bodensee-Gürtelbahn)
- Elektrifizierung Kölner Dieselnetz
- Elektrifizierung Münster – Gronau
- Elektrifizierung Dieselnetz Nürnberg
- Elektrifizierung Schönebeck-Bad Salzelmen – Blankenheim
- Elektrifizierung Oldenburg Hbf – Osnabrück
- Elektrifizierung Bingen – Neubrücke
- Elektrifizierung Dresden – Görlitz (Grenze D/Pl)
- Elektrifizierung Cottbus – Forst (Lausitz) (Grenze D/Pl)
- Elektrifizierung Lübeck – Büchen (Lüneburg)
Nicht elektrifizierte Strecken sind in Deutschland häufig vergleichsweise kurze Streckenabschnitte einer ansonsten mit Oberleitung ausgestatteten bedeutenden und langen Trasse. Auch beim grenzüberschreitenden Verkehr, der teilweise per Staatsvertrag seit Jahren hätte elektrifiziert werden müssen, fehlen Abschnitte, die einen durchgängig elektrischen Verkehr verhindern. Hier ist der Elektrifizierungsstand besonders prekär: Ganze 47 Prozent der Schienen-Grenzübergänge sind elektrifiziert. Dies ist mit ein Grund, warum so viele Güter gerade aus Osteuropa auf der Straße transportiert werden. Zudem wird auch heute noch in Großstädten der Personennahverkehr auf der Schiene (SPNV) mit Diesel befahren und damit die Gesundheit der Bewohner*innen unnötigerweise belastet. Das ist nicht weiter hinnehmbar!
Was bringt eine Elektrifizierung?
Ein elektrifiziertes Schienennetz schont das Klima und ist ein unverzichtbarer Beitrag zum klimaneutralen Verkehr 2030. Die Strecken werden, wenn sie nicht mit Oberleitungen ausgestattet sind, von Dieselzügen befahren – die vollständige Umstellung des Schienennetzes auf elektrischen Verkehr verbessert daher auch die Luftqualität. Zudem hat die Elektrifizierung noch weitere Vorteile: Die Anzahl der Züge pro Stunde kann durch die stärkere Beschleunigung von E-Antrieben und der begleitend umgesetzten Modernisierung der oft bis zu 100 Jahre alten Signal- und Steuertechnik erhöht werden. Damit lässt sich mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Ein höherer Elektrifizierungsgrad verbessert zudem die Attraktivität, Geschwindigkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des Verkehrsmittels Bahn – damit steigt die Bereitschaft der Menschen, auf die Schiene umzusteigen.
Eine beschleunigte Elektrifizierung ist auch notwendig, um die von der Bundesregierung geplante Erhöhung des Elektrifizierungsgrades von derzeit 60 auf 70 Prozent bis zum Jahr 2025 sicherzustellen. Hierzu muss die Geschwindigkeit der Elektrifizierung um das Siebenfache erhöht werden. Allerdings fehlt bislang seitens des Bundesverkehrsministeriums wie der Bahn ein entsprechendes Umsetzungskonzept. Das Bundesverkehrsministerium weigerte sich sogar, mit der DUH über das Thema überhaupt zu sprechen.
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Robin Kulpa
Stellvertretender Bereichsleiter Verkehr und Luftreinhaltung
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