Heizöl ist „klimaneutral“, Plastiktüten sind „vollständig recyclebar“ und die extra Webseite für die Nachhaltigkeitsmaßnahmen von Unternehmen erscheint auf den ersten Blick auch beeindruckend: Immer mehr Unternehmen nutzen sogenannte „Green Claims“ – also Werbeaussagen über die Klima- und Umweltfreundlichkeit oder Nachhaltigkeit ihrer Produkte, Dienstleistungen oder gleich über ihr ganzes Unternehmen. Das liegt daran, dass die Zahl der Verbraucherinnen und Verbraucher, die Wert auf Umweltfreundlichkeit und klimaverträglichen Konsum legt, stetig ansteigt. Als umweltfreundlich wahrgenommen zu werden, kann für Unternehmen daher ein echter Wettbewerbsvorteil gegenüber Wettbewerbern sein, deren Produkte eben „grün“ sind. Leider geht es jedoch hinter den Kulissen häufig nicht so grün zu, wie dies nach außen kommuniziert wird.
Was ist überhaupt "Greenwashing"?
Greenwashing kommt dann ins Spiel, wenn Unternehmen ihre Produkte oder das Unternehmen selbst als umweltfreundlich darstellen, ohne dies tatsächlich belegen zu können. Durch vage Aussagen, Verschleierung, Vereinfachung, Ablenkung von relevanten Aspekten oder die gezielte Verbreitung von Unwahrheiten entsteht der Eindruck von Umweltfreundlichkeit, obwohl keine entsprechenden Nachhaltigkeitsmaßnahmen existieren. Diese Praxis erstreckt sich sowohl auf Unternehmensebene, als auch auf Produkt- oder Dienstleistungsebene. Beispiele sind die Tetra Paks "Natürlich.Karton"-Kampagne, bei der 2021 mit der besonders guten Recyclingfähigkeit und Klimafreundlichkeit von Getränkekartons geworben wurde, oder die Werbung für „klimaneutrale“ Flugreisen oder „CO2-neutrales“ Heizöl, während die vermeintliche Neutralität auf fragwürdigen Kompensationsprojekten beruht.
Warum ist Greenwashing problematisch?
Bei Greenwashing handelt es sich um eine Täuschung von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Denn umwelt- und klimabezogene Werbung verbessert die Einschätzung von Verbraucherinnen und Verbrauchern zur Nachhaltigkeit von Produkten deutlich. Durch fehlende Transparenz entsteht bei ihnen der Eindruck, dass ihr Konsum keine negativen Auswirkungen hat, wenn sie als umwelt- und klimafreundlich beworbene Produkte erwerben. Inzwischen gibt es mehr als 230 Umwelt- und Klimalabel in der EU, von denen viele auf reinen "Selbsterklärungen" bzw. Eigenangaben beruhen und nicht unabhängig überprüft werden. Verbraucherinnen und Verbraucher können die Unterschiede zu hochwertigen, ambitionierten Umweltlabeln häufig nur schwer erkennen. Auch in Bezug auf Werbung mit Umweltaussagen lässt sich Alarmierendes beobachten: So sind beispielsweise 53,5 Prozent der Umweltaussagen in der EU vage, unbegründet oder irreführend.
Da Unternehmen heute vermehrt Nachhaltigkeitsziele umsetzen müssen, verwenden einige Unternehmen Greenwashing als Strategie, um strengere Umweltauflagen zu umgehen. Damit behindern sie den Klima- und Umweltschutz und benachteiligen Unternehmen, die tatsächlich in Klimaschutz investieren. Auch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern sinkt das Vertrauen in Umweltaussagen durch Greenwashing massiv.
Was tut die DUH gegen Greenwashing?
Mit unserem Team der ökologischen Marktüberwachung setzen wir uns aktiv gegen Greenwashing ein, indem wir Werbeaussagen und Labels auf ihre Echtheit überprüfen und als klageberechtigte Verbraucherschutz-Organisation gegen Unternehmen vorgehen, die Verbraucherinnen und Verbraucher mit irreführenden Versprechen täuschen. Dort wo Behörden nicht so kontrollieren, wie sie sollen, prangern wir Werbelügen an, kritisieren Mängel bei Produkten und ziehen stellvertretend für die Verbraucherinnen und Verbraucher auch vor Gericht.
Ein Fokus von uns liegt dabei auf Werbung mit vermeintlicher „Klimaneutralität“. Durch unsere Arbeit haben wir – in letzter Instanz auch auf dem Klageweg – erwirkt, dass sich immer mehr Unternehmen von dieser irreführenden Werbung zurückziehen. Durch die jährliche Vergabe des "Goldenen Geiers" decken wir außerdem Umweltlügen auf und zwingen Unternehmen zur Überarbeitung ihrer (Werbe-) Praktiken. Außerdem setzen wir uns politisch in Deutschland und der EU für eine strengere Regulierung von Umweltwerbung und für den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern vor Greenwashing ein. So haben wir unter anderem dazu beigetragen, dass die EU Werbung mit Begriffen wie Klimaneutralität zukünftig verbieten möchte, wenn diese auf der Kompensation von Emissionen beruht.
Seit Mai 2022 gehen wir gegen Unternehmen vor, die irreführende Werbung mit Klimaneutralitätsversprechen veröffentlichen, erfolgreich vor. Wir gehen dagegen vor, dass Unternehmen damit werben, „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“ zu sein, während sie ihre Emissionen meist gar nicht oder kaum reduzieren, sondern sie durch den Kauf von Emissionsgutschriften für Klimaschutzprojekte, meist im globalen Süden, angeblich ausgleichen. Dabei wird nur unzureichend nachgewiesen, dass die Projekte die „Kompensation“ auch tatsächlich leisten und den Klimaschaden langfristig und belegbar ausgleichen können. Hinzu kommt, dass die behaupteten CO2-Einsparungen in den von der DUH untersuchten Projekten nicht plausibel sind, oftmals auch ohne das Geld aus den CO2-Zertifikaten umgesetzt hätten werden können und oft die lokale Bevölkerung durch die Maßnahmen benachteiligt wird. Die Gerichte geben uns Recht: So darf beispielsweise der fossile Energiekonzern TotalEnergies sein Heizöl nicht mehr als „CO2-kompensiert“ bezeichnen, u.a. weil sie in ihrer Berechnung nicht alle Emissionen berücksichtigt hatten, die durch das Heizöl verursacht werden und weil sie ein völlig ungeeignetes Waldschutzprojekt in Peru für den „Emissionsausgleich“ nutzten.
Die DUH hat den Goldenen Geier in diesem Jahr an den Fast-Food-Konzern McDonald’s verliehen. Entschieden haben das mehr als 20.000 Verbraucherinnen und Verbraucher, die online über die „dreisteste Umweltlüge des Jahres“ abgestimmt haben. Der Grund: In einer absurden Kampagne hat McDonald's mit dem Slogan „I am beautiful“ seinen eigenen Müll als Beitrag zum Ressourcenschutz beworben. So würden beispielsweise benutzte Becher zu sogenannten Happy-Meal-Büchern recycelt. Tatsächlich geht jedoch lediglich ein Drittel der in den deutschen McDonald‘s-Restaurants gesammelten Einweg-Becher in ein spezielles Recyclingverfahren, das in Großbritannien durchgeführt wird. Darüber hinaus bestehen die Happy-Meal-Bücher nur zu 40 Prozent aus recyceltem Bechermaterial. Für die restlichen 60 Prozent verwendet McDonald's neue Fasern, für die viele Bäume abgeholzt werden müssen. Noch dazu verwendet McDonald’s im Ausland bereits eine deutlich bessere Alternative – und zwar Mehrweg. Eine Mitarbeiterin des Konzerns hat den Schmähpreis am Empfang der Deutschlandzentrale in München entgegengenommen. Fotos der Übergabe finden Sie auf der Seite des Goldenen Geiers.
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Agnes Sauter
Bereichsleiterin Ökologische Verbraucherberatung und Marktüberwachung
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Linda Louisa Janek
Projektmanagerin ökologische Marktüberwachung
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