Schulhöfe in Deutschland – Status Quo
Rechteckig, karg und grau – so kann man den Großteil der Schulhöfe in Deutschland zusammenfassen. Wie ein Schulhof aussieht, ist in Deutschland Ländersache. Bisher gibt es in keinem einzigen Bundesland eine gesetzlich verpflichtende Regelung zur Ausgestaltung von Schulhöfen – nicht mal dazu, wie groß ein Schulhof sein muss. Stattdessen wird mit teils jahrzehntealten Empfehlungen und Richtlinien gearbeitet, in denen man Klimaanpassung, Naturnähe und eine altersgerechte Bedürfnisorientierung meist vergeblich sucht.
Das muss sich ändern.
Klimakrise
Martina Hoff, Landschaftsarchitektin, Hoff & Koch Landschaftsarchitektur GmbH
"Grau und ohne Aufenthaltsqualität – so sind viele Schulhöfe, nicht zuletzt, weil bis 1981 eine DIN-Norm galt, die den staubfreien und schnell abtrocknenden Schulhof forderte. Für 8,5 Millionen Schüler und Schülerinnen sind die 35.000 Schulhöfe in Deutschland aber täglich für viele Stunden ein wichtiger Lebensraum. Das bedeutet 35.000 Flächen, die ein wichtiges Element der Grünen Infrastruktur in den Kommunen darstellen. Baumpflanzungen, lebendige Spiel- und Aufenthaltsräume, Regenwasserabkopplung, sickerfähige Beläge, Lebensräume für Insekten, Vögel und andere Mitgeschöpfe – damit lässt sich den Herausforderungen des Klimawandels entgegenwirken. Dieses Potential gilt es durch Gestaltungsmaßnahmen auf den Schulhöfen auszuschöpfen, denn Kinder und Jugendliche gehören, neben Senioren, zu den gefährdetsten Gruppen in Hitzeperioden."
Kindesentwicklung und Naturerleben
Dörte Martens, Umweltpsychologin, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt
"Kinder profitieren von Umwelten, die sich ständig ändern und trotzdem kontinuierlich gleichbleiben. Die natürliche Umwelt kann diese augenscheinlich widersprüchlichen Bedürfnisse besonders gut ansprechen. So steigt nach einem Naturbesuch die Konzentrationsfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen und Stress wird abgebaut. Durch die natürliche Aufforderung zur Bewegung werden Balance, Geschicklichkeit sowie Grob- und Feinmotorik geübt. Die Naturerfahrung ist damit ein wichtiger Bestandteil für die kindliche Kompetenzentwicklung und Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Kinder Natur ganz alltäglich im Park, im Naturerfahrungsraum oder auf dem Schulhof erleben und diese mitgestalten können."
Kinderrechte
Hannah Abels, Bildungsreferentin, Makista e. V.
"Die Gestaltung einer klimafreundlichen Umgebung und Partizipation als Prinzip der Kinderrechte beflügeln sich gegenseitig: durch einen partizipativen Entwicklungsprozess, in dem alle teilnehmenden Kinder mit ihren Wünschen und Ideen maßgeblich einbezogen und über die Bedeutung ihres Tuns informiert werden, ist die Identifikation mit dem Ergebnis größer. Andersherum lernen die Kinder über diese Gestaltung ihrer alltäglichen Umgebung ihre Kinderrechte als etwas kennen, das sie ganz konkret stärken kann und ein gutes Leben für alle ermöglicht."
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Angelika Schichtel, BNE-Referat, Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat
„Spürbar – überschaubar - machbar: Auf klimafreundlichen Schulhöfen können Schülerinnen und Schüler, ja die gesamte Schulgemeinde und Menschen aus dem Quartier spüren, wie wichtig entsiegelte und vielfältig begrünte Flächen in unserer Umgebung sind. Solche Schulhöfe wie auch Schulgärten machen die großen globalen Zusammenhänge des Klimas im Kleinen verständlich. Schülerinnen und Schüler können ihren Schulhof zum Kräfte tanken in den Pausen und zum inspirierenden Lernort für den ganzen Schultag mitgestalten. Und dabei kommen immer wieder neue Talente zum Vorschein, die im Klassenraum unentdeckt bleiben. Vor allem erfahren Kinder, Jugendliche und Erwachsene, dass sie – ganz im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung – etwas machen können für den Klimaschutz.“
Gemeinsam im Quartier |
Laura Tuschen, Lehrkraft, Eugen-Kaiser-Schule in Hanau
"Für uns ist es besonders wertvoll, dass sich in unserem Schulgarten, dem GLEKS-Park, Jung und Alt begegnen, denn ein Teil davon, der sogenannte Sinnesgarten, ist so angelegt, dass uns die Seniorinnen und Senioren aus dem gegenüberliegenden Wohnstift mit dem Pflegepersonal besuchen können. Der Park hält Freiraum für die Bewohnerinnen und Bewohner bereit, führt zum Austausch zwischen Generationen und trägt damit zum besonderen Verständnis für die gegenseitige Lebenssituation bei. Dass die Jugendlichen in den Pausen auch mal laut sind, ist duldbarer, wenn man im Gegenzug die erholsamen Grünflächen der Schule genießen kann. Rücksichtnahme seitens der Jugendlichen fällt leichter, wenn man den älteren Menschen persönlich begegnet. Es ist ein Nehmen und ein Geben der besonderen Art."
zurück zur Übersicht
Argumente | Grundlagen | Ablaufplan | Werkzeuge & Tools | Lesetipps | Bildergalerie