Jede Sekunde werden 571 kg Lebensmittel entsorgt
Lebensmittelverschwendung ist teuer, umwelt- und klimaschädlich. Trotzdem geht weltweit ein Drittel aller essbaren Lebensmittel verloren. In deutschen Haushalten landet jedes achte Lebensmittel in der Tonne.
Jedes Jahr landen in Deutschland etwa 18 Millionen Tonnen Lebensmittel in der Tonne. Das entspricht 571 kg Lebensmitteln, die pro Sekunde verloren gehen. In der Tonne landen sowohl Lebensmittel, die nicht für den Verzehr geeignet sind, als auch genießbare Lebensmittel. Bei Letzteren spricht man von Lebensmittelverschwendung. Mit unserer Arbeit setzen wir uns vor allem für die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ein!
Lebensmittel werden entlang der gesamten Wertschöpfung, vom Acker bis zum Teller, verschwendet. In den Haushalten werden etwa 78 kg pro Person und Jahr weggeworfen. Die Außer-Haus-Verpflegung (Gastronomie, Catering usw.) verursacht zwar deutlich weniger Lebensmittelverschwendung, das Reduktionspotenzial ist hier aber besonders hoch. Ähnlich verhält es sich beim Handel. 90 Prozent der Verluste sind hier vermeidbar. Verluste auf dem Feld (Ernteverluste), etwa durch krummes Gemüse, welches den ästhetischen Standards nicht entspricht, werden in den offiziellen Statistiken gerne vernachlässigt. Dabei besteht gerade hier Handlungsbedarf!
Obst und Gemüse, das nicht dem Standardmaß entspricht, wird häufig bereits während der Ernte oder Verarbeitung aussortiert. Händlerinnen und Händler bieten bis zum Ladenschluss das volle Sortiment an und viele Kantinen führen keine kleinen Portionen
Lebensmittel, die im Müll landen sind teuer, umwelt- und klimaschädlich
Lebensmittel, die nie in unseren Mägen landen, verursachen einen unnötigen Verbrauch von Landflächen, Wasser, Energie und Ressourcen. Durch Lebensmittelverschwendung verschwenden wir rund 25 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland. Pro Kopf werden jährlich 2.700 Liter Wasser verschwendet. Anbau, Transport und Verpackungen verursachen Umweltverschmutzungen und heizen das Klima an. Durch Lebensmittelverschwendung entstehen pro Kopf und Jahr knapp eine halbe Tonne Treibhausgase. Dies entspricht circa 4 Prozent der jährlichen Gesamtemissionen von Deutschland.
Die Umweltkosten der Verschwendung von tierischen Lebensmitteln sind besonders gravierend, denn hier werden besonders viele Ressourcen verbraucht, Klimagase ausgestoßen und Umwelt verschmutzt.
Wir sind es gewohnt, dass Lebensmittel immer zu günstigen Preisen verfügbar sind. Jede/r Deutsche gibt nur ca. 10 Prozent des Einkommens für Lebensmittel aus. Für viele Menschen tut es nicht weh, wenn das ein oder andere Teil in der Tonne landet. Andere Menschen hingegen haben zu wenig Zugang zu guten Lebensmitteln. Ein Grund mehr Lebensmittel nicht unnötig zu verschwenden. Deshalb setzen wir uns für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln ein!
Werden Sie aktiv gegen Lebensmittelverschwendung!
Kaufen Sie nur das, was Sie brauchen und das möglichst regional, saisonal und biologisch sowie unverpackt oder in Mehrweg-Verpackungen. Tierische Lebensmittel nur in Maßen konsumieren - das schont das Klima und ist gleichzeitig gesund. Wenn nach einer Party oder vor einem Urlaub einmal etwas übrigbleibt, fragen Sie Ihre Nachbarn oder Freunde, damit nichts weggeworfen werden muss. Ähnlich funktioniert die Organisation foodsharing. Dort kann man kleine wie große Mengen Essen weitergeben oder nicht mehr verkäufliche, aber noch einwandfreie Überschüsse bei Supermärkten, Bäckereien oder Restaurants abholen. Werden Sie kreativ bei der Resteverwertung und erkundigen Sie sich, wie Lebensmittel länger haltbar gemacht werden können. Sagen Sie irrsinnigen Schönheitsnormen bei Gemüse den Kampf an, denn auch krummes Gemüse schmeckt gut!
Wir kämpfen gegen Lebensmittelverschwendung
Wir setzen uns für eine nachhaltige Landwirtschaft und einen verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln ein. Wir bringen Landwirtinnen und Landwirte, Herstellerinnen und Hersteller, Händlerinnen und Händler, Behörden, Politikerinnen und Politiker und Wissenschaftlerinnern und Wissenschaftler an einen Tisch, um praxistaugliche Lösungen zu erarbeiten.
Im Rahmen des Bündnis Lebensmittelrettung arbeiten wir zusammen mit Initiativen im Bereich der Lebensmittelrettung, um mit vereinter Stimme die Politik zum Handeln zu bringen. Mit unserer Öffentlichkeitsarbeit informieren wir über das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung und zeigen, wie man das Problem überwinden kann. Wir üben Druck auf die Politik aus, damit endlich etwas passiert. Seit 2021 berät die DUH als Mitglied der EU-Plattform für Lebensmittelverschwendung und Lebensmittelverluste die Europäische Kommission zu künftigen Gesetzesvorhaben als Teil der Farm to Fork Strategie.
Deutschland schöpft den möglichen Rechtsrahmen nicht aus, um Verschwendung zu reduzieren! Was muss die Politik tun?
Bereits im Jahr 2015 hat sich Deutschland zu den Nachhaltigen Entwicklungszielen der UN bekannt und sich damit das Ziel gesetzt, die Lebensmittelverluste im Handel und bei Verbraucherinnen und Verbrauchern bis zum Jahr 2030 zu halbieren. Passiert ist seither wenig. Damit weniger essbare Lebensmittel weggeschmissen werden, braucht es verbindliche branchenspezifische Reduktionsziele, die sich bis zum Jahr 2030 schrittweise erhöhen. Im Rahmen einer Dokumentationspflicht müssen Unternehmen die Verluste genau erfassen und melden. Zudem muss ein Rechtsrahmen geschaffen werden, der die Lebensmittelverschwendung weiter eindämmt. Denn in Deutschland und Europa führen verschiedene Regeln und Gesetze dazu, dass genießbare Nahrungsmittel in der Tonne landen. Meist handelt es sich dabei um Haftungsfragen, steuerrechtliche Vorgaben, Kennzeichnungspflichten oder Hygienevorschriften.
Häufige Fragen zur Lebensmittelverschwendung
Ein Teil der genießbaren Lebensmittel landet nur in der Tonne, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) abgelaufen ist. Besonders häufig ist dies der Fall bei Milchprodukten. Dabei bedeutet ein abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum nicht automatisch, dass Lebensmittel verdorben sind. Es zeigt nur an, bis zu welchem Zeitpunkt das Lebensmittel bei sachgerechter Lagerung mindestens haltbar ist. Es lohnt sich also ein Kontrollblick: Sieht das Produkt gut aus, riecht es angenehm und besteht es den Geschmackstest? Dann verwenden Sie es! Anders ist es bei einem überschrittenen Verbrauchsdatum („zu verbrauchen bis“), zum Beispiel bei rohem Fleisch, Fisch oder Eiern. In diesem Fall ist der Verkauf eines Produktes nicht mehr zulässig und der Verzehr kann gesundheitsgefährdend sein.
Der Wortlaut des MHD ist EU-weit gesetzlich festgelegt. Es besteht jedoch die Möglichkeit die Formulierung im Rahmen der gegebenen Vorschriften zum besseren Verständnis zu ergänzen. So kann verhindert werden, dass das MHD fälschlicherweise als Verbrauchsdatum wahrgenommen wird. Auf Verpackungen könnte bspw. zusätzlich die Formulierung „Mindestens haltbar bis, aber nicht schlecht nach…“ aufgedruckt werden. Auch die Kennzeichnung mit einem weiteren Datum, dem „Mindestverzehrbarkeitsdatum“ (MVD) wäre denkbar. Die Besonderheit ist dabei, dass es die bedenkenlose Verzehrfähigkeit garantiert und dabei im Gegensatz zu dem herkömmlichen MHD Farb-, Geschmacks-, Geruchs- oder Sensorikänderung zulässt. Bestimmte Lebensmittel so wie Zucker, Salz, oder Essig sind außerdem von der MHD-Kennzeichnungspflicht ausgenommen, da sie bei der richtigen Lagerung nicht schlecht werden können. Das gleiche gilt auch für Reis, Nudeln und Mehl. Darum sollten auch diese Produkte von der EU in die Liste der MHD-kennzeichnungsfreien Nahrungsmittel aufgenommen werden.
Zudem haben Lebensmittelproduzierende einen gewissen Spielraum bei der Bestimmung des MHDs. Das führt dazu, dass das Datum zur besseren Vermarktung der Produkte von den Herstellenden Herstellerinnen und Herstellern wissentlich früher angesetzt wird. Dabei wäre es möglich Lebensmittelherstellende rechtlich zu der gewissenhaften Bestimmung des akkuraten MHD verpflichten. So kann verhindern werden, dass genießbare Lebensmittel aufgrund verfälschter Kennzeichnung vorzeitig im Müll landen.
Eine Lebensmittelhierarchie definiert die Rangfolge für den Umgang mit genießbaren Lebensmitteln und Lebensmittelabfällen, damit diese für Mensch und Umwelt optimal genutzt werden können. In einer sinnvollen Hierarchie steht die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung an erster Stelle. Fallen dennoch überschüssige Lebensmittel an, sollte versucht werden diese falls möglich an lebensmittelrettende Unternehmen, Initiativen oder Bedürftige weiter zu verteilen, bevor sie für andere Verwendungszwecke wie die Verarbeitung zu Tierfutter, die Kompostierung oder die energetische Weiterverarbeitung freigegeben werden. Diesen Ansatz gibt es in dem deutschen Gesetz bereits für den generellen Umgang mit Abfall. Nun ist es an der Zeit eine gesetzlich verpflichtende Hierarchie speziell für Lebensmittel umzusetzen!
In Deutschland wäre solch eine Gesetzgebung auch umsetzbar. Rechtlich könnten verpflichtende Lebensmittelspenden durch den Beitrag zum Allgemeinwohl und die hohe Wirksamkeit bei der Reduzierung von vermeidbaren Lebensmittelabfällen begründet werden. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass Supermärkte zu dem Zeitpunkt der Entsorgung den Anspruch auf Eigentum aufgeben und daher gesetzlich über den weiteren Gebrauch bestimmt werden kann. Dies müsste jedoch auch mit Änderungen der Gesetzgebung zur Haftung bei der Weitergabe von Lebensmitteln einhergehen, um Rechtssicherheit für Supermärkte und Wohltätigkeitsorganisationen zu schaffen.
Über Steuergutschriften könnten Supermärkte dazu motiviert werden Lebensmittel zu spenden, anstatt sie wegzuwerfen. Prinzipiell sollten steuerrechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Weitergabe von Lebensmittel generell günstiger für Unternehmen machen als die Entsorgung. Dabei muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass die Vermeidung von überschüssigen Lebensmitteln im Handel stets Priorität haben sollte!
Herr Cem Özdemir, handeln Sie jetzt und packen Sie die Lebensmittelverschwendung bei der Wurzel!
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Schluss damit: Das Ackern für die Tonne muss aufhören!
Was ist das Mindesthaltbarkeitsdatum?
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Peer Cyriacks
Leiter Internationaler Naturschutz
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