CO2 ist der größte Klimatreiber unserer Zeit und trägt wesentlich zur Klimakrise bei. Laut Umweltbundesamt stammen rund 20% der der CO2-Emissionen in Deutschland aus dem Verkehr, davon mit 72% der Großteil aus dem Straßenverkehr.
Der CO2-Ausstoß ist in diesem Sektor in den letzten 30 Jahren nicht gesunken, sondern liegt heute auf dem gleichen Niveau wie 1990. Der Rückgang der Verkehrsemissionen in 2020 ist fast ausschließlich auf den Sondereffekt der Corona-Pandemie zurückzuführen. In der gesamten EU ist der Verkehr inkl. Luft- und Schiffsverkehr für rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Verkehr ist der einzige Sektor in der EU, in dem der Ausstoß von Klimagasen laut Europäischer Umweltagentur bis 2018 zugenommen hat.
Die Klimakrise erfordert drastische Reduktionen des CO2-Ausstoßes auch im Verkehr. Aus diesem Grund setzt sich die Deutsche Umwelthilfe für zeitnahe und wirksame Klimaschutzmaßnahmen im Straßenverkehr ein, sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene.
Besonders der Verkehrssektor trägt mit hohen Treibhausgasemissionen weiter erheblich zum Klimawandel bei. Die Bundesregierung bleibt jedoch tatenlos und steuert geradewegs darauf zu, ihre Klimaziele zu verfehlen. Deshalb haben wir eine Klage eingereicht.
Die Bundesregierung hat sich mit dem Klimaschutzgesetz 2019 dazu verpflichtet, dem Klimawandel entgegenzuwirken und Deutschlands Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu senken. Dieses Ziel ist noch viel zu schwach, um die Erderhitzung gemäß Pariser Klimaabkommen auf 1,5 °C zu begrenzen. Aber die von der Bundesregierung bisher vorgelegten Maßnahmen reichen nicht einmal aus, um dieses Minimalziel zu erreichen – das bestätigen zwei Gutachten des Bundesumwelt- bzw. des Bundeswirtschaftsministeriums.
Emissionen steigen weiter
Das Klimaschutzgesetz verpflichtet alle Sektoren wie Industrie, Verkehr und Landwirtschaft, einen Beitrag zu leisten und Emissionen jährlich zu reduzieren. Insbesondere im Verkehrssektor sind wir von den Minderungszielen aber weit entfernt ? hier steigen die Emissionen in den letzten Jahren sogar wieder und lagen 2019 auf dem gleichen Niveau wie 1990. Aktuell ist der CO2-Ausstoß aufgrund der Corona-Pandemie zurückgegangen, aber ohne nachhaltig wirksame Klimaschutzmaßnahmen wird dies ein vorübergehender Einmaleffekt bleiben. Steuert die Bundesregierung jetzt nicht ambitioniert dagegen, wird Deutschland sein Klimaziel 2030 um 55 bis 71 Millionen Tonnen CO2 verfehlen. Für etwa die Hälfte dieser Minderungslücke ist der Verkehr verantwortlich.
Klimaschutzprogramm jetzt nachbessern!
Trotz des erheblichen Handlungsbedarfs hat die Bundesregierung bisher keine geeigneten Schritte eingeleitet, um bei den Klimaschutzmaßnahmen nachzubessern. Die Regierung steuert tatenlos darauf zu, ihre eigenen – erst vor wenigen Monaten gesetzlich verankerten – Klimaziele weit zu verfehlen. Damit verletzt die Bundesregierung auch die EU-rechtlich vorgegebenen CO2-Ziele und riskiert Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Dabei liegen konkrete Vorschläge seit Langem auf dem Tisch. Nicht nur die DUH hat wiederholt auch kurzfristig wirksame Instrumente vorgeschlagen, deren Umsetzung die Bundesregierung jedoch verweigert.
Die DUH reicht daher Klage gegen die Bundesregierung ein und fordert die sofortige Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor und die Einhaltung der gesetzlich festgeschriebenen Reduktionsziele. Das Klimaschutzprogramm muss jetzt dringend verbessert werden, damit Deutschland sein Klimaziel 2030 erreicht!
Hier geht es zur unserer Klageschrift. Weitere Infos und häufige Fragen zur Klage können Sie den FAQ entnehmen.
Der Großteil der jährlichen CO2-Emissionen des Straßenverkehrs stammt von Pkw. Das wirksamste Instrument zur Senkung von Pkw-Emissionen sind bislang die EU-Grenzwerte für die Neuwagenflotten der jeweiligen Hersteller, die schrittweise strenger werden. Die bisher vereinbarten Vorgaben reichen jedoch bei weitem nicht aus, um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Ein Grundproblem ist, dass sich die CO2-Grenzwerte bisland nur auf die Flottendurchschnitte der Autokonzerne beziehen. Das bedeutet: Die Hersteller können den Verkauf von Spritschleudern auf dem Papier mit niedriger emittierenden und (teil-)elektrischen Autos verrechnen. Dieser Rechentrick dient dazu, den Verkauf von übermotorisierten, umweltschädlichen SUVs und Premium-Limousinen mit absurd hohen CO2-Emissionen zu legitimieren. Emissionen müssen aber konsequent eliminiert werden, statt sie nur auf dem Papier schönzurechnen.
Wir setzen uns daher für die Einführung einer absoluten CO2-Obergrenze von 120 g/km im Realbetrieb für jeden Neuwagen ab 2023 ein. Nur so lässt sich der immer größer werdende Anteil besonders großer und spritdurstiger Autos auf unseren Straßen eindämmen.
Da Autos eine Nutzungsdauer von 10-15 Jahren haben, muss der Verkauf neuer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor schnellstmöglich beendet werden. Etliche Länder (z.B. Norwegen, Niederlande, Dänemark) sowie mehrere Automobilhersteller haben bereits Endtermine für den Verkauf von neuen Pkw mit Verbrennungsmotor angekündigt. Als größter Emittent in Europa muss Deutschland die Zulassung neuer Pkw mit Verbrennungsmotor zum 1.1.2025 beenden.
Im Rahmen der Zulassung eines neuen Pkw-Typs muss dieser ein Testverfahren durchlaufen, in dem der Spritverbrauch und damit der CO2-Ausstoß ermittelt wird. Dieser ist relevant bei der Ermittlung des durchschnittlichen Verbrauchs der gesamten verkauften Neuwagenflotte. Das alte Prüfverfahren NEDC bot den Herstellern große Schlupflöcher, so dass Herstellerangaben und Realverbrauch immer stärker voneinander abwichen. Laut einer Studie des International Council on Clean Transportation ICCT von 2019 liegt diese Lücke bei 39%. Zwar werden Betrügereien seit der Einführung des neuen Testverfahrens WLTP am 1. September 2017 schwerer. Aber: Da es sich wieder um Testverfahren auf dem Rollenprüfstand und nicht unter realen Bedingungen auf der Straße handelt, ist auch dieses Verfahren manipulationsanfällig. Außerdem bietet die Umstellung den Autobauern neue Schlupflöcher.
Mittlerweile sind alle neuen Autos in Europa mit Verbrauchsmessgeräten ausgestattet. Diese Daten müssen ab sofort dazu genutzt werden, Diskrepanzen beim CO2-Ausstoß auf der Straße zu erkennen und entsprechend zu sanktionieren. Grundsätzlich fordert die Deutsche Umwelthilfe die Ablösung von Labormessungen durch Emissionstests im realen Fahrbetrieb auf der Straße.
Besonders frappierend ist die Lücke zwischen Papier und Realität bei Plug-in Hybridfahrzeugen (PHEV), die sowohl über einen konventionellen Verbrennungsmotor als auch über einen Elektroantrieb mit extern aufladbarer Batterie verfügen. Die offiziellen CO2-Werte für PHEV sind sehr niedrig, aber fernab jeder Realität. Straßenmessungen und Analysen der Deutschen Umwelthilfe, von Transport & Environment und ICCT/Fraunhofer ISI haben gezeigt: PHEV emittieren auf der Straße im Mittel zwei- bis viermal mehr CO2 als angegeben, im reinen Verbrennermodus sogar bis zu achtmal mehr. PHEV sind nicht klimafreundlich, sondern äußerst klimaschädlich. Die derzeitige CO2-Regulierung animiert Autokonzerne jedoch durch verschiedene Anreize dazu, verstärkt PHEV zu verkaufen, um die CO2-Grenzwerte auf dem Papier einzuhalten.
Die Deutsche Umwelthilfe fordert alle Vergünstigungen und Anreize für PHEV in der europäischen und deutschen Gesetzgebung zu streichen und realistische CO2-Emissionswerte anzusetzen.
Eine effektive Marktüberwachung mit amtlicher Kontrolle der Herstellerangaben sowie mit Korrektur der Angaben und empfindlichen Strafzahlungen für die Hersteller bei relevanten Abweichungen ist ebenfalls erforderlich. Die DUH fordert die Einrichtung einer offiziellen Stelle, an die sich Verbraucher*innen wenden können, wenn sie feststellen, dass ihr Pkw deutlich mehr Sprit verbraucht als angegeben. Mehr über unsere Arbeit zur Verringerung der Spritlücke für mehr Umwelt- und Verbraucherschutz finden Sie hier.
In der Debatte um Klimaschutz im Verkehr wird oft auch der Einsatz alternativer Kraftstoffe diskutiert. Manchmal entsteht sogar der Eindruck, dass Verkehr einfach dadurch umweltfreundlich werden kann, dass Autos und Flugzeuge Agrosprit, Wasserstoff oder E-Fuels tanken. Aber kein alternativer Kraftstoff ist eine Alternative zu einer echten Verkehrswende.
In Wahrheit sind manche der vermeintlich nachhaltigen Alternativen zu Diesel, Benzin und Kerosin sogar ausgesprochen klima- und umweltschädlich. Der in der EU immer noch verbreitet eingesetzte Agrosprit aus Ackerpflanzen verursacht im Schnitt deutlich höhere Emissionen als fossiler Kraftstoff, denn um zusätzliche Anbauflächen zu schaffen, werden weltweit wichtige CO2-speichernde Ökosysteme wie Wälder und Moore zerstört. Besonders schwere Schäden verursacht die Verwendung von tropischem Palm- und Sojaöl im Tank. Die Deutsche Umwelthilfe setzt sich im Sinne von Klima- und Naturschutz dafür ein, dass der Einsatz von Anbaubiomasse für Kraftstoff in Deutschland und Europa komplett beendet wird.
Auch der Einsatz von Reststoffen wie Stroh, Restholz und Altspeiseöl zur Herstellung von Biokraftstoff ist fragwürdig: Ernterückstände und Waldrestholz spielen eine wichtige Rolle für Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität. Der Einsatz von Altspeiseöl könnte auf Umwegen die Nachfrage nach problematischen Rohstoffen wie Palmöl weiter ankurbeln. Insgesamt sind die nachhaltig verfügbaren Mengen biogener Reststoffe viel zu gering, als dass damit die Emissionen im Verkehr wirklich gemindert werden könnten. Eine Studie des Umweltbundesamts zeigt, dass Abfall-Biokraftstoffe maximal 1% des Kraftstoffbedarfs im Verkehr decken könnten.
Neben Biosprit werden auch strombasierte Kraftstoffe wie Wasserstoff und synthetische E-Fuels als alternative Kraftstoffe für den Verkehr gehandelt. Aber die klimafreundliche Herstellung von Wasserstoff und E-Fuels benötigt große Mengen erneuerbaren Stroms, und ihr Einsatz ist ineffizient und teuer. Ein batterieelektrisches Auto benötigt dreimal weniger Energie als ein Wasserstoffauto und fünf- bis siebenmal weniger Energie ein mit E-Fuel betriebenes Verbrennerauto. Auf absehbare Zeit werden synthetische Energieträger auch gar nicht in relevanter Menge zur Verfügung stehen, zudem werden sie dringend in anderen Sektoren wie der Stahlindustrie gebraucht. Mit der Elektromobilität steht im Straßenverkehr schon heute eine robuste und effiziente Lösung bereit.
Zwar werden Pkw immer effizienter - leider werden die Effizienzgewinne mit Blick auf die Gesamtemissionen durch den Verkauf von schweren und hochmotorisierten Fahrzeugen quasi aufgewogen. Wichtige Treiber dieses Trends sind SUVs, die aufgrund ihres Gewichts und ihrer Größe im Durchschnitt deutlich mehr CO2 ausstoßen als die Autos, die sie aus dem Markt verdrängen. Der SUV-Anteil der verkauften Neuwagen hat sich in der EU seit 2001 verzehnfacht und liegt mittlerweile bei 39%, in Deutschland sind es über 30%. Tendenz: steigend. In Zeiten der Klimakrise ist diese Entwicklung absurd - die Deutsche Umwelthilfe fordert daher den Produktionsstopp für klimaschädliche Geländewagen.
Absurd ist auch das Festhalten an Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Dabei kann die Bundesregierung hier mit einer leicht umsetzbaren Einzelmaßnahme einen großen Unterschied machen, für die Sicherheit der Bürger*innen und die nationale Klimabilanz. Die DUH fordert daher ein generelles Tempolimit auf Autobahnen und Landstraßen sowie Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts.
Autos der Zukunft sind elektrisch, aber auch sparsam und effizient. Daher setzt die DUH sich für die Entwicklung und Festlegung von Effizienzstandards für alternative Antriebe ein. Die Effizienzvorgaben für alle Antriebe müssen Grundlage jeglicher steuerlichen Förderung von Pkw sein. Sie müssen auch der Verbrauchskennzeichnungen wie dem Pkw-Label zugrunde gelegt werden, damit Verbraucher*innen sich vor dem Autokauf über die Effizienz ihres Autos im Vergleich mit Pkw gleichen Typs und der Gesamtflotte informieren können.
Verkehr: Bitte wenden!
Die Deutsche Umwelthilfe setzt sich für die Verkehrswende ein, für eine Antriebswende hin zu elektrischen Antrieben und eine Mobilitätswende hin zu kollektiven Verkehrssystemen, Rad- und Fußverkehr. Der öffentliche Nahverkehr der Zukunft soll attraktiv und für jeden erschwinglich sein: Daher fordern wir dessen massiven Ausbau und die Einführung des 365-Euro-Tickets. Der knapp bemessene öffentliche Raum in unseren Städten ist für den Aufenthalt und die Mobilität der Menschen da, die dort zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. Überdimensionierte SUV brauchen wir dagegen nicht in unseren Städten.
JA zum Tempolimit!
Jetzt ein Zeichen gegen die CSU und AfD setzen und unsere Protestaktion unterschreiben! Für den Klimaschutz und um Leben zu retten.
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Kontakt
Dorothee Saar
Bereichsleiterin Verkehr und Luftreinhaltung
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