Projekt des Monats Mai 2008
Die frei fließende Lippe in Hamm ist Projekt des Monats der Deutschen Umwelthilfe
Stadt Hamm lässt der Lippe am nordöstlichen Stadtrand wieder freien Lauf – Eisvogel und Uferschwalbe finden einen neuen Lebensraum – DUH lobt „Einklang von Hochwasserschutz, Naherholung und Naturschutz“
Die Stadt Hamm befreite die Lippe nach mehr als 30 Jahren aus ihrem steinernen Korsett und ermöglicht so wieder das natürliche Leben und die natürliche Auendynamik an dem Fluss. Mit der umfangreichen Renaturierung haben bedrohte Vogelarten und selten gewordene Pflanzen im Stadtgebiet an der Lippe einen neuen Lebensraum gefunden. Für die vorbildliche Gewässerrenaturierung wurde das Projekt der Stadt Hamm daher als „Projekt des Monats Mai“ ausgezeichnet.
In den 1960er Jahren war die Lippe begradigt und in ein Steinbett eingefasst worden, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen und die Abtragung von Boden zu verhindern. Zudem glaubten die damaligen Stadt- und Flussplaner, dass eine kanalisierte Lippe dem Hochwasserschutz dienen könnte – die Hochwasserspitzen sollten durch die begradigte Lippe schneller abfließen. Das rauschende Wasser verstärkte jedoch flussabwärts die Hochwasserwellen, das Problem war also nur verlagert. Die Begradigung zerstörte außerdem den Lebensraum zahlreicher Pflanzen- und Tierarten und verringerte den landschaftlichen Reiz des Naherholungsraumes der Stadt Hamm.
Einen natürlichen und äußerst effektiven Schutz vor Hochwasser bieten jedoch nur Auen und weite Flussbetten. Um dem Fluss, der Natur und selbstverständlich auch den Erholung suchenden Bürgerinnen und Bürgern wieder Raum zu geben, hat die Stadt Hamm 2005 mit der Renaturierung der Lippe begonnen. Zunächst befreiten die Landschaftsplaner die Lippe auf einer Strecke von 5,7 Kilometern aus dem Steinbett. Sie legten neue Stillgewässer, Blänken und Flutmulden an, um die Aue wieder ans Gewässer anzubinden. Das Grünland auf den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen wurde wieder vernässt, das heißt, dass je nach Pegelstand der Lippe das Grundwasser nahe an die Bodenoberfläche steigt oder das Land ganz unter Wasser steht. Solche Feucht- und Nassgebiete sind die Lebensgrundlage für zahlreiche Tiere und Pflanzen und schützen auf natürliche Weise das Klima, da sie wie ein Speicher das Treibhausgas Kohlendioxid binden. Die Renaturier wandelten auch Acker in Grünland um und schafften es, dass die landwirtschaftliche Nutzung des Auengebiets insgesamt extensiviert, also umweltfreundlicher, wurde. Verteilt auf einer 15 Hektar großen Fläche pflanzten sie Auwälder, um die Wiederansiedlung von auentypischen Bäumen wie Stieleiche, Esche und Erle zu initiieren. Das renaturierte Gebiet umfasst insgesamt 170 Hektar, von denen die Stadt Hamm 100 Hektar für das Projekt neu erworben hat.
Der Erfolg des städtischen Engagements für den Naturschutz hat nicht lange auf sich warten lassen. Bereits im Frühjahr 2007 siedelte sich im neu geschaffenen Steilufer eine Kolonie von Uferschwalben an, auf Sandbänken brüten wieder Flussregenpfeifer. Aber auch Ausflüglern, Reitern, Radlern und Wanderern bietet der naturnahe Auenabschnitt einiges: Die Stadt hat ein neues Wegenetz angelegt und dieses Jahr wird ein Holzplankensteg durch die Aue, ein Aussichtshügel mit Plattform und ein Naturlehrpfad mit zahlreichen Schautafeln errichtet. Dementsprechend ist die Resonanz aus der Bevölkerung von viel Lob und Zuspruch geprägt.
Vorbildlich ist nicht nur die eigentliche Maßnahme, sondern auch, dass sich die Stadt Hamm als Gastgeber der Fachtagung „Fließgewässer und Auen“ vom 3. bis 5. September 2008 engagiert. Wissenschaftler, Planer und Naturschützer werden dort über den Auenschutz in Hamm diskutieren.
Unter Angabe der Quelle (Stadt Hamm) können alle Fotos frei verwendet werden.