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In roten Hosen auf Schwalbenjagd

Freitag, 18.10.2019

Der Baumfalke macht seinem Namen keine Ehre. Der elegante Greifvogel hat sich geschickt an seinen veränderten Lebensraum angepasst und ist nur noch selten auf Bäumen anzutreffen.

© fotoparus / Fotolia

Der Artikel erschien in der DUHwelt 3/19.

Aus der Ferne ertönt ein hoher, schneller Ruf über dem Getreidefeld. Man erkennt einen schlanken, mittelgroßen Vogel, der in rasender Geschwindigkeit genau auf einen Gittermast zusteuert, der Stromleitungen weit durch die offenen Landschaften trägt. Mit einer abrupten Wendung landet der Vogel auf dem Leiterseil. In seinen Krallen hält er ein Beutetier. Der markante Ruf kam allerdings aus einem Versteck inmitten des Mastes: Nur mit Mühe kann man dort einen zweiten gleich großen Vogel erkennen, der wenige Meter entfernt in luftiger Höhe sitzt. Während der erste nun das Beutetier zupft und rupft, ruft der zweite zunehmend ungeduldig. Dann endlich steigen beide auf, das Beutetier wird übergeben und während der Lieferant wieder umdreht, verschwindet der Empfänger mitsamt gerupfter Beute in einem Winkel des Mastes. Die beiden Vögel sind Baumfalken, kleine Greifvögel, die in offenen Landschaften in Mitteleuropa leben. Die Art ist nur im Sommerhalbjahr bei uns heimisch, denn sie ernährt sich vorwiegend von Singvögeln und großen Insekten.

Mein Name ist Hobby

Der Baumfalke ist nur etwas kleiner als der häufig vorkommende Turmfalke, im Volksmund aufgrund seines Jagdverhaltens auch Rüttelfalke genannt. Männchen und Weibchen sehen gleich aus, wobei – wie bei Greifvögeln üblich – die Weibchen etwas größer und schwerer sind. Die Brust ist schwarz-weiß getupft, der Rücken grau wie Schieferplatten. Dazu passend trägt man hübsche rostrote Hosen. Der Baumfalke – englischer Name Hobby – ist der wendigste Flieger unter den Greifvögeln. Als Nahrung bevorzugt er Vögel, die er von einem Ansitzpunkt erspäht und in rasendem Flug erbeutet. Der Jäger manövriert so geschickt und schnell, dass er Lerchen, Schwalben und sogar Mauersegler erbeuten kann. Sind Vögel gerade nicht zur Stelle, jagt der kleine Räuber auch Libellen. Diesen Snack zerlegt er in der Luft in essbare Bestandteile; vor dem Fressen werden allzu knusprige Beine und Flügel fliegend aussortiert.

Die Alternative zum Baum

Eigentlich müsste man den Baumfalken inzwischen „Mastfalke“ nennen, denn häufiger als auf Bäumen brüten die Tiere auf den Gittermasten des Stromnetzes. Diese sind höher als Bäume, sie schwanken nicht und verlieren keine morschen Äste. Vor allem aber bieten sie eine bessere Rundumsicht. Auch Greifvögel müssen sich vor Räubern wie dem Habicht in Acht nehmen. Schon von Weitem können auf Freileitungsmasten brütende Falken die Feinde erspähen und sie in der Luft attackieren. Der höhere Bruterfolg gibt den Tieren Recht. Hat ein Falkenpaar einmal Junge auf einem stählernen Ersatzbaum großgezogen, bleibt es dabei. Auch die größeren Verwandten, die Fischadler, wählen als Brutplatz inzwischen lieber Gittermasten als Bäume.

Sommerwohnung im Altbau

Alle Falken lieben Second Hand, selbst Nester bauen ist nicht angesagt. Krähennester stehen bei Baumfalken hoch im Kurs. Ihr Bruterfolg hängt somit auch immer davon ab, ob alte Nester aus den Vorjahren verfügbar sind. Sehr spät im Jahr, ab Mitte Juni, wenn am Nistplatz Beutetiere in ausreichender Anzahl vorhanden sind, beginnt die Brut. Die Weibchen brüten 28 bis 32 Tage lang zwei bis vier Eier aus. Ist der Nachwuchs geschlüpft, behudert das Weibchen die noch kälte- und nässeempfindlichen Küken für zehn bis zwölf Tage im eigenen Gefieder. Danach besitzen die Jungvögel ein ausreichendes Federkleid und sind meist kräftig genug. Später bewacht das Weibchen das Nest aus nächster Nähe, um bei Bedrohung durch Habicht oder Uhu einzugreifen. Hat das Männchen erfolgreich Beute geschlagen, kehrt es zum Nest zurück. Doch Fütterung ist bei Baumfalkes Frauensache. Ein vorbildlicher Falkenvater rupft die Beute noch vor der Übergabe an seine Gattin. Dann fliegt Mama mit frischer Nahrung ans Nest, wo sie die Beutetiere in gut verdauliche Happen zerreißt und auch selbst davon frisst. Erst wenn die Jungvögel schon fast flügge sind, lässt das Weibchen sie auch mal allein und hilft bei der Jagd. Nach Verlassen des Nests müssen die Jungen umgehend in die Flugschule und lernen, selbst Beute zu machen. Es ist keine Zeit zu verlieren, denn im September, wenn ein Großteil der Singvögel Mitteleuropa verlässt, zieht auch der Baumfalke bis weit in den Süden Afrikas. Erst im nächsten April kann man die ersten Vertreter der Art wieder in Deutschland entdecken – meist auf den Freileitungsmasten. 

Steckbrief: Baumfalke (Falco subbuteo)

Verwandtschaft: Der Baumfalke gehört zur Familie der Falken, die wiederum zur Ordnung der Greifvögel gezählt werden. Seine engsten Verwandten in Deutschland sind Turmfalke und Wanderfalke.

Lebensraum und Verbreitung: Brutvogel verschiedener, offener Lebensräume. Überwintert von Oktober bis April im Süden Afrikas.

Nahrung: Baumfalken jagen vorwiegend Vögel, die sie in der Luft schlagen. Zusätzlich erbeuten sie große Fluginsekten.

Aussehen: Oberseite schiefergrau, Brust schwarz-weiß längs getupft. Markantes, rotes Beingefieder.

Gefährdung: Der Baumfalke befindet sich auf der Roten Liste auf Kategorie 3 (gefährdet).

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