Das Blaue Ticket: Klima-Flatrate für Bus und Bahn
Der Artikel erschien in der DUHwelt 4/19.
Kollektive Verkehrsmittel wie Bus und Bahn sind das Kernstück einer ökologischen und sozialen Verkehrswende. Ein dafür notwendiges gut ausgebautes, attraktives Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln mit hoher Taktung, engem Haltestellennetz, modernen Fahrzeugen und verlässlichen Umsteigemöglichkeiten ist dafür erforderlich. Seit Jahren fließen nicht ausreichend öffentliche Gelder in den ÖPNV, dreifach so häufig werden sie in die Subventionierung des Autoverkehrs gesteckt. Das Ergebnis: Städte, die in Autoabgasen ersticken, sowie immer größere SUV, die unsere Städte verstopfen und ein zusätzliches Sicherheitsrisiko darstellen.
Schritt für Schritt zu einer nachhaltigen Mobilität
Um Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen, ist die Einführung eines attraktiven Flatrate Tickets, für 1 Euro am Tag, ein erster wichtiger Schritt. Viele Hemmnisse, die Menschen beim Umstieg auf Bus und Bahn abschrecken, können so abgebaut werden: Der Pauschaltarif macht die Nutzung des ÖPNV einfach – Menschen können ein- und aussteigen, wo und wann sie möchten, ohne auf komplizierte Tarifstrukturen achten zu müssen. Der geringe Preis ist zudem ein starkes Argument zugunsten der öffentlichen Verkehrsmittel. Um die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs in einem weiteren Ausbauschritt zu erhöhen, soll das 365-Euro-Ticket auf ein bundesweit gültiges „Blaues Ticket“ ausgedehnt werden, mit dem für 365 Euro pro Jahr nicht nur Bahn, Bus und Tram in der jeweiligen Heimatstadt, sondern auch kollektive Verkehrsmittel in anderen Städten und Verkehrsverbünden genutzt werden können. Dafür muss in ganz Deutschland in einen massiven ÖPNV-Ausbau investiert und mehr Geld in den Betrieb und die Ausstattung der öffentlichen Verkehrsmittel gesteckt werden.
Andere Städte machen es vor
Die Stadt Wien geht mit gutem Vorbild voran: Hier wurde das 365-Euro-Ticket bereits 2012 erfolgreich eingeführt. Mittlerweile besitzen mehr Menschen ein Jahresticket als ein Auto. Heute beträgt der Anteil des ÖPNV in Wien fast 40 Prozent. Aber auch in Deutschland zeigen erste Kommunen, wie es gehen kann. In Radolfzell, Bonn, Reutlingen und in ganz Hessen gibt es bereits das 365-Euro-Ticket für Schüler, Studierende und Rentner und erfreut sich dort großer Beliebtheit. Eine erste positive Zwischenbilanz konnte überall gezogen werden.
Verkehrswende bleibt gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Höhere Verkaufszahlen allein werden nicht ausreichen, um die Kosten für ein attraktives und kostengünstiges ÖPNV-Angebot zu decken. Die Verkehrswende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss daher mit Steuergeldern gegenfinanziert werden. Dazu sind im ersten Schritt keine neuen Abgaben notwendig, denn der Staat kann und muss klimaschädliche Subventionen des Straßenverkehrs wie die Dieselkraftstoffbesteuerung abschaffen und das Dienstwagenprivileg verbessern. Das dadurch zur Verfügung stehende Geld kann dann in die Angebotsausweitung und Attraktivitätssteigerung des ÖPNV gesteckt werden. Gleichzeitig muss der motorisierte Individualverkehr insbesondere in den Innenstadtbereichen vermindert werden. Verkehrsbeschränkungen für besonders schmutzige Fahrzeuge, wie sie von der DUH gerichtlich durchgesetzt werden, aber auch flächendeckende Parkraumbewirtschaftung, Reduzierung von Parkplätzen im öffentlichen Straßenraum, Neuordnung des Straßenraums zur besseren Nutzung durch Rad und Fußverkehr sind sinnvolle Maßnahmen.
Mobilitätswende für Mensch und Klima
Fakt ist: Die Zukunft gehört den öffentlichen Verkehrsmitteln. Deshalb fordert die DUH eine konsequente Mobilitätswende jetzt: Das bedeutet, Klima und Luft zu schonen und dennoch mobil zu sein. Mit der Einführung des Blauen Tickets wird ein gut ausgebauter, attraktiver ÖPNV für jede Bürgerin und jeden Bürger in gleichem Maße zugänglich und erschwinglich. Dafür ist ein grundsätzliches Umdenken nötig, sonst wird Deutschland auch sein Klimaschutzziel 2030 verfehlen.