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Balkonkraftwerk von der Hausverwaltung verboten: Ein Gespräch mit Matthias Weyland über seiner Balkonkraftwerk-Klage

Freitag, 25.08.2023

Matthias Weyland möchte mit seiner Frau und seinen Kindern Teil der Energiewende werden – mit Solarmodulen am Balkon, einem sogenannten Balkonkraftwerk. Das wollen und machen inzwischen hunderttausende Menschen in Deutschland. Aber häufig bekommen sie ein Problem: Vermieterin oder Vermieter, Hausverwaltung oder Eigentümergemeinschaft verweigern die Zustimmung – verbieten es einfach oder stellen unmöglich zu erfüllende Bedingungen. Aber dürfen die das eigentlich? Können sich Betroffene wehren? Matthias Weyland wehrt sich: Unterstützt von der Deutschen Umwelthilfe klagt er gegen seine Vermieterin, um sein Balkonkraftwerk durchzusetzen und das zehntausenden weiteren Betroffenen zu ermöglichen. Im Interview erzählt er, wie es dazu kam und was er erwartet.

© IMAGO/Robert Poorten

Matthias, erzähl doch mal von deinem Fall. Was ist im Vorfeld - bevor es jetzt zur Klage kam- alles passiert?

Das Ganze ist für mich immer noch reichlich absurd, vor allem wenn man bedenkt, dass es einfach nur um ein Solarmodul an der Balkonbrüstung geht. Anfang November 2022, vor einem Dreivierteljahr, hatte ich der guten Form wegen über unsere Hausverwaltung "Haus und Grund" die Zustimmung der Vermieterin zum sachgerechten Anbringen eines Balkonkraftwerks erfragt. Als die äußerst knapp gehaltene Ablehnung mit Verweis auf das Erscheinungsbild der Fassade kam, glaubte ich mich zunächst in einem schlechten Film und nicht im Jahr 2023 der Klimakrise, mit Dürre auch bei uns vor Ort, Waldbränden in Deutschland und Südeuropa, und weltweiten Überflutungen. Also haben meine Partnerin und ich nochmals ausführlich begründet, dass ein einzelnes Solarmodul keine substanzielle Einwirkung in die Mietsache darstellt, heute gebräuchliche Technik ist und jederzeit spurlos rückbaubar. Darüber hinaus haben wir darauf verwiesen, warum der Ausbau der Erneuerbaren Energien und das Energiesparen überall, aber gerade auch in Kiel als Klimaschutzstadt und Klimanotstandskommune maximal unterstützt werden sollten. Wir haben sogar noch angeregt, alternativ zum angefragten Balkonkraftwerk eine gemeinschaftliche (große) Mieter*innen-PV-Anlage zu initiieren. Auf dieses zweite Schreiben haben wir nicht einmal mehr eine Antwort bekommen.

Im Anschluss haben wir dann noch zwei weitere Schreiben an "Haus und Grund" geschickt, in denen wir von uns aus weitere Erläuterungen zur Unbedenklichkeit, weitere Begründung, und proaktiv Sicherheiten wie Versicherungsschutz abgegeben haben. Auf diese Schreiben reagierte "Haus und Grund" dann mit einer neuen Liste von immer weiteren, aus unserer Sicht völlig unverhältnismäßigen Forderungen wie externen Sachverständigen-Gutachten zur Statik und zum Brandschutz. Das wirkte auf uns schon recht überzogen, dem Prozedere oder vielleicht auch dem Eigeninteresse der Hausverwaltung folgend, wo ein kurzes direktes Gespräch mit der Vermieterin - das wir erfolglos angefragt hatten - vielleicht eine Klärung gebracht hätte. Nachdem wir uns inzwischen ja eingängig mit der Thematik Balkonkraftwerk auseinandergesetzt hatten, haben wir den Schreiben jedenfalls keine stichhaltigen Argumente entnehmen können.

Gibt es denn berechtigte Einwände seitens der Hausverwaltung? Führt zum Beispiel ein öffentlicher Weg unter deinem Balkon lang, der die Sicherheitsbedenken irgendwie begründen würde?

Nein, wie gesagt, stichhaltige Argumente haben wir nicht entnehmen können. Die Balkone wurden vor wenigen Jahren neu überarbeitet bzw. installiert und sind entsprechend solide, unter dem Balkon verläuft kein öffentlicher Weg, und gerade "Haus und Grund" sollte wissen, dass die Vermietenden für regulär tragfähige Balkone oder normal funktionierende Hauselektrik zuständig sind, so dass die geringe Größe und Leistung der Balkonkraftwerke völlig unproblematisch ist. Im Gegenteil, das Vorgehen seitens "Haus und Grund" wirkte auf uns eher so, als sollten möglichst hohe Hürden aufgebaut werden, damit wir die Lust an dem Projekt verlieren. Sie schrieben sogar unverhohlen, dass sie das eigentliche "Genehmigungsverfahren" mit der Vermieterin erst dann starten, wenn alle Prüfungen und Dokumente vorliegen würden. Eine einfache Zustimmung wurde auf einmal zum Genehmigungsverfahren. Das hat unser Vertrauen in eine Prüfung auf Grundlage sachlicher Argumente stark ausgehöhlt. Nach einem Dreivierteljahr, in dem sich auch seitens der Bundesregierung viel in Sachen "Balkonsolar" getan hat (z.B. "Solarpaket 1 und 2"), erscheint das Vorgehen inzwischen wie reine Schikane.

Uns erreichen immer wieder Nachrichten von frustrierten Verbraucherinnen und Verbrauchern, die eine ähnliche Schikane durch ihre Vermieter*innen oder die Hausverwaltungen erleben. Was würdest du ihnen raten?

Meiner Erfahrung nach gilt nicht nur in Sachen Balkonkraftwerk, sondern bei allen sozialen Fragen: Widerstand und langer Atem lohnen sich! Das hat der langjährige Kampf der Anti-Atom-Bewegung, übrigens Wegbereiter für die Entwicklung und den Ausbau der Erneuerbaren Energien, in meinen Augen eindrücklich bewiesen. Aber konkret zu Balkonkraftwerken: Einerseits würde ich das direkte Gespräch mit den Vermieter*innen suchen, was bei uns misslicher Weise auf Grund der Hausverwaltung leider nicht möglich war. Andererseits würde ich dann auch loslegen und nicht zu lange warten mit dem Balkonkraftwerk, denn die Klimakrise wartet leider auch nicht.

Was erhoffst du dir durch den Gang zum Gericht? Was könnte dein Fall für andere BKW Interessierte bedeuten?

Auch wenn ich mich rückwirkend manchmal gefragt habe, ob es für unseren konkreten Einzelfall nicht einfacher gewesen wäre, die Anlage einfach zu installieren, und dann eine etwaige und vermutlich wenig erfolgsversprechenden Klage der Gegenseite abzuwarten: Nicht nur um die gute Form zu wahren, v.a. auch um der starren und unserer Wahrnehmung nach völlig unverhältnismäßigen Blockade-Haltung von "Haus und Grund" gerade auch im Interesse zahlreicher weiterer Mieter*innen etwas entgegenzusetzen, halten wir es für wesentlich, das Vorgehen richterlich klären zu lassen, und dem etwaigen rechtsmissbräuchlichen Handeln einen Riegel vorzuschieben. Es geht also erstens um den konkreten Fall für uns, zweitens um die juristische Vorbildwirkung und den Präzedenzfall für weitere Mieter*innen, und drittens auch um die übergeordnete politische Wirkung, d.h. der Blockade der Energiewende etwas entgegenzusetzen. Und wenn viertens nebenbei das Thema Energiewende, Energiesparen und Erneuerbaren-Ausbau für die Einzelnen einen Aufmerksamkeits-Boost erhält, umso besser!  

Zum Schluss vielleicht noch mal eine Frage zu Balkonkraftwerken generell: Wie bist du auf die Idee gekommen dir ein BKW anzuschaffen?


Beruflich arbeite ich im Bereich Energiewende und Klimaschutz, darüber besteht eine gewisse Affinität zur persönlichen Energiewende. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich Balkonkraftwerke noch vor einigen Jahren wegen der geringen Leistung nicht unbedingt als "Game-Changer" gesehen habe. Inzwischen ist das Bild etwas bunter geworden: Zum einen sind die Solarmodule immer leistungsfähiger (und günstiger!) geworden, zum anderen ist meiner Ansicht nach die psychologische Wirkung sehr wesentlich. Gerade Mieter*innen, die nicht im Eigenheim wohnen, werden oft vergessen. Für diese Zielgruppe sind die Möglichkeiten an der Energiewende teilzuhaben (jenseits des eigentlichen Energiesparens, das nicht vergessen werden sollte!) begrenzt. Das gilt umso mehr für die öffentlichkeitswirksamen Möglichkeiten, die auch Wirkung auf die Nachbarschaft entwickeln. Wir selbst machen sonst schon einiges, klar sind wir seit der ersten eigenen Wohnung bei einem Ökostrom-Anbieter, versuchen möglichst viel Energie zu sparen etwa indem wir den Kühlschrank und andere Geräte bei längeren Abwesenheiten komplett abstellen, besitzen kein Auto und fliegen nicht. Aber wir würden eben auch gerne an der Solaroffensive teilnehmen. Denn so wie in Süddeutschland neue Windenergieanlagen überfällig sind, braucht es gerade auch in den Städten und im Norden viel mehr Solarenergie. Und Balkonkraftwerke können ein Teil davon sein, v.a. aber sind sie in meinen Augen auch tolle "Überzeugungstäter*innen" für weitere Solaranlagen.

Vielen Dank! Wir drücken dir und uns die Daumen, dass der Prozess gut ausgeht und du schon bald dein BKW installieren darfst, um jede Menge Solarstrom zu ernten.


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