Kegelrobben-Babys auch 2019 wieder erwartet
-Ein Interview mit DUH-Naturschutzexpertin Katrin Schikorr-
Auch dieses Jahr wird an der deutschen Ostsee mit Kegelrobben-Nachwuchs gerechnet. Freuen Sie sich über diese Nachricht?
Auf jeden Fall! Die Art war seit den 70er Jahren sowohl an der deutschen Nordsee- als auch der deutschen Ostseeküste nicht mehr anzutreffen. Seit etwa 20 Jahren erholen sich die Bestände dank strenger Schutzbestimmungen und langfristiger Anstrengungen im nationalen und internationalen Arten- und Meeresschutz wieder. Hier zeigt sich konkret, dass die langjährige Arbeit ihre Früchte trägt. Anfang 2018 wurden an den Stränden Mecklenburg-Vorpommerns insgesamt vier Jungtiere dokumentiert – das ist also sicher eine Erfolgsnachricht!
Was müssen Besucher beachten, wenn Sie auf Kegelrobben treffen?
Die Kegelrobbe ist eine der insgesamt vier marinen Säugetierarten in der Ostsee, und eine sehr charismatische Art. Für Deutschland stellt sie das größte Raubtier dar, Männchen können bis zu zweieinhalb Meter und 300 Kilo schwer werden. Hat man also das Glück, solch eine Kegelrobbe am Strand zu beobachten, sollte man auf jeden Fall die Verhaltensratschläge des Deutschen Meeresmuseums in Stralsund beachten. Also einen Sicherheitsabstand von 100 Metern einhalten, die Tiere weder berühren, noch füttern oder anderweitig interagieren. Auch sollten Hunde an die Leine genommen werden. Denn wenn man den Robben zu sehr auf den Pelz rückt, können sie fest zubeißen.
Auf Helgoland allerdings, wo die Robben inzwischen fester Bestandteil des Tourismus sind, treffen Besucher bereits seit den 1990er Jahren regelmäßig auf Kegelrobben, auch beim Schwimmen, und es ist noch zu keinem ernsthaften Zwischenfall gekommen.
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Was ändert sich durch diese nach etwa einem Jahrhundert wieder stattfindenden Geburten der Kegelrobben an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns?
Besucher, die Jungtiere sehen, werden gebeten, ihre Beobachtung dem Deutschen Meeresmuseum zu melden, oder die zuständigen Behörden (Polizei, Nationalpark, Biosphärenreservat oder Gemeinde) zu informieren. Die Jungtiere sollen in jedem Falle in Ruhe gelassen werden, hier wird durch das Meeresmuseum und das Biosphärenreservat Südostrügen vermehrt auch unterstützende Aufklärungsarbeit für die Gemeinden, Feuerwehr und Polizei angeboten. Zusätzlich muss die Landespolitik mehr Verantwortung für diese Art, die in Deutschland noch immer sehr gefährdet ist, übernehmen, besonders jetzt, wenn sie sich auch hier fortpflanzt und wieder heimisch wird.
Nun freuen sich nicht alle über die Rückkehr der Kegelrobben. Gerade begann im Januar die Heringssaison in der Ostsee, und die Küstenfischer beschweren sich über die zunehmende Zahl von Kegelrobben, die ihnen teils Fische aus den Netzen stibitzen oder Netze beschädigen. Wie kann man da zusammenkommen?
Ja, hier gibt es teils unterschiedliche Ansichten und Interessen, die gemeinsam diskutiert werden müssen. Die Rückkehr der Kegelrobbe in Mecklenburg-Vorpommern wird seit vielen Jahren von einer regionalen Arbeitsgemeinschaft aus Naturschutz und Fischerei begleitet, die genau diesen Interessenaustausch erfolgreich durchführt und vermittelnd arbeitet.
Zusätzlich wird seit 2018 ein unabhängiges Forschungsvorhaben durchgeführt, das konkret durch Kegelrobben verursachte Schäden an Fischernetzen untersucht. Auch die DUH stellt mögliche Lösungsansätze zusammen. Um diese ganzen Inhalte zu bündeln und zukünftiges Handeln zu regeln, bedarf es dringend eines Managementplans für die Robben. Von Seiten der Forschung, des Naturschutzes und der Fischerei wurde die nötige Vorarbeit geleistet, nun müssen vom Land Mecklenburg-Vorpommern die Weichen gestellt werden, um diesen Managementplan schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.
Was bedeutet die Rückkehr der Kegelrobben für unsere Küstenregion?
Es ist eine grundsätzlich positive Entwicklung, dass die Kegelrobbe an die deutsche Ostseeküste zurückkehrt. Dies zeigt, dass sich die Lebensbedingungen infolge des strengen Schutzes (Jagdverbot) sowie die Lebensraumqualität verbessert haben. Für das Ökosystem Meer sind die großen Raubtiere wichtig, weil sie eine regulierende Wirkung auf die Fischpopulationen und das komplexe marine Lebensnetz haben. Neben den positiven Möglichkeiten für den Naturtourismus können sich die Leute der Region wie auch die Besucher darüber freuen, diese beeindruckenden Meeressäugetiere bei uns wieder beobachten zu können, und dafür nicht in entfernte Polargebiete fahren zu müssen. Wir wünschen und setzen uns für ein rücksichtsvolles und ausgewogenes Miteinander von Mensch und Wildtier ein.