Abschalteinrichtungen sind nicht zulässig
Seit über sechs Monaten ist der Dieselskandal in aller Munde. Seitdem ist die Rede von manipulierten Abgaswerten und sogenannten Abschalteinrichtungen („Defeat Device“). Mittlerweile gibt nicht nur VW, sondern auch Daimler zu, solche zu verwenden. Daimler sagt: Abschalteinrichtungen sind zulässig, wenn sie Bauteile des Autos schützen. Ein Rechtsgutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe belegt das Gegenteil.
Abschalteinrichtungen – dieses Wort war vielen bis vor einigen Monaten wahrscheinlich nicht bekannt. Heute steht die dahinter verborgene Technik im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Der Begriff Abschalteinrichtung steht für ein Konstruktionsteil (oder eine Software), das die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert.
Für die Typzulassung wird im Prüflabor getestet, ob die Fahrzeuge die gesetzlich geregelten Abgasgrenzwerte einhalten. Während die Fahrzeuge im Prüflabor sauber sind und die Grenzwerte einhalten, sieht es auf der Straße oft anders aus. Tests der Deutschen Umwelthilfe sowie weiterer Organisationen belegen, dass die gesundheitsschädlichen NOx-Emissionen bei realen Fahrbedingungen um ein Vielfaches über den erlaubten Grenzwerten liegen.
Sauber im Labor – Schmutzig auf der Straße
Technisch ist diese Kluft zwischen Labor- und Realwerten nicht anders zu erklären, als dass eine Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt. Sie erkennt, ob sich das Fahrzeug auf der Rolle oder im realen Straßenverkehr befindet. Fährt das Auto auf der Straße, wird die Abgasreinigung reduziert.
Auf den Vorwurf, dass das System zur Abgasnachbehandlung in der C-Klasse 220 CDI bei bestimmten Temperaturen abgeschaltet wird, erklärte Daimler: „Es finden Anpassungen an die jeweiligen Betriebsbedingungen statt, die den Wirkungsgrad beeinflussen.“ Das passiere, um den „Motor vor Beschädigung“ zu schützen.
Gutachten: Abschalteinrichtungen bei Pkw sind nicht zulässig
Ob Abschalteinrichtungen aus Gründen des „Bauteilschutzes“ zulässig sind, beurteilt die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6). Ein bloßer Bauteilschutz hat nach dem Wortlaut dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung nichts mit einer zwingenden Notwendigkeit zu tun, den Motor vor Beschädigungen zu schützen. Das Rechtsgutachten der DUH kommt entsprechend zu dem Schluss: Die Verwendung von Abschalteinrichtungen aus Gründen des „Bauteilschutzes“ ist unzulässig.
Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.
Machen sich die Behörden strafbar?
Das Gutachten zeigt, wie haltlos die Argumente der Hersteller sind, wenn es um die Verwendung von Abschalteinrichtungen geht. Die Frage ist, was die Verantwortlichen aus der Politik damit machen. Denn das Gutachten zeigt auch, dass die Aufsichtsbehörden dazu verpflichtet sind, technische Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Da die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung strafrechtliche Konsequenzen haben kann, würde eine unkritische Übernahme von technischen Behauptungen der Hersteller von Pkw auf eine mögliche Beihilfe an verwirklichten Straftatbeständen durch die verantwortlichen Behördenmitarbeiter hinauslaufen.